: Werften sind Giftschleudern im Hafen
■ Obwohl ihnen 1997 die Genehmigung, Wasser in die Häfen einzuleiten, entzogen wurde, verpesten anliegende Werften das Wasser nach wie vor mit hochgiftiger Restbrühe aus den Docks
Aus Bremer Werften fließt weiter hochgiftiges Tributylzinn (TBT) in die Häfen. Und dies obwohl die Bremer Umweltsenatorin Tine Wischer (SPD) den Werften 1997 die Wassereinleitgenehmigung entzogen hat. Gegen diese Anordnung der Behörde hatten die Werften Widerspruch eingelegt und spucken bis heute unvermindert weiter Gift und Galle. „Wir haben vom Bremer Wasserwirtschaftsamt zwar Auflagen bekommen, die bis heute aber nicht umgesetzt“, bestätigte Dieter Haake, Geschäftsführer der Bremerhavener Lloyd-Werft, auf Nachfrage der taz.
Noch am Dienstag hatten Greenpeace-Aktivisten auch direkt vor der Lloyd-Werft Proben genommen. „Wir wollen feststellen, ob sich wenigstens der Eintrag von TBT durch die Werften verringert hat“, sagte dazu Greenpeace-Chemiker Manfred Krautter. Die Greenpeace-Ergebnisse werden erst in vier Wochen veröffentlicht.
„Die Behörde hat von uns verlangt, unsere Docks gegen das Abfließen von TBT abzuschotten und Filter einzubauen“, erklärte Dieter Haake, Geschäftsführer der Lloyd-Werft. Und weiter: „Wir hatten das Geld für diese Investitionen in Millionenhöhe nicht. Die Werften dürfen nicht allein für den Gifteintrag verantwortlich gemacht werden.“
TBT-Anstriche an Schiffen verhindern das Anwachsen von Algen und Schnecken. Dieser Bewuchs verlangsamt die Geschwindigkeit und provoziert höheren Treibstoffverbrauch der Schiffe. Beides kostet die Reeder Geld. „Die Reedereien müssen unter Druck gesetzt werden, auf TBT zu verzichten. Wir machen nur das, was die Reedereien von uns verlangen“, begründete Haake den TBT-Verbrauch.
Holger Bruns, Sprecher der Umweltsenatorin Wischer, versuchte gegenüber der taz zu erklären, warum die Behörde nicht gegen die Werften vorgegangen ist. „Wir haben den Werften ja die Wassereintragsgenehmigung entzogen, aber wir wollten auf jeden Fall einvernehmlich mit ihnen eine Lösung finden“, so Bruns. Bis Ende des Jahres soll Lloyd einen Plan vorlegen, wie sie den TBT-Eintrag aus ihren Docks in die Häfen stoppen will. Im Jahr 2000 soll dann mit konkreten Baumaßnahmen begonnen werden. Dies sagten Bruns und der Geschäftsführer der Lloyd-Werft, Haake, übereinstimmend.
„Werften und Behörden befinden sich in einem Dilemma“, meint Jürgen Ritterhof vom Umweltschutzverband Aktionskonferenz Nordsee: „Arbeitsplätze gegen Umweltschutz. Durch die aufgezwungenen Investitionen wären die Werften wirtschaftlich geschwächt worden“, so Ritterhof.
Wegen der hohen Verseuchung des Bremerhavener Hafenschlicks mit TBT hatte das Land Niedersachsen 1997 verboten, diesen Dreck wie üblich ins Wattenmeer zu kippen. An dem Gift sind schon Meerestiere verreckt. TBT kann auch das Immunsystem von Menschen schädigen.
Nach ersten Untersuchungen des Bremerhavener Hafenamtes wurden gerade vor den Werften Spitzenwerte der TBT-Vergiftung gemessen. Der damalige Häfensenator Uwe Beckmeyer (SPD) hatte lange versucht, diese TBT-Gutachten zu verheimlichen. Manfred Schramm, hafenpolitischer Sprecher der Grünen in der Bremischen Bürgerschaft, will jetzt mit einer kleinen Anfrage an den Senat geklärt wissen, warum erst jetzt aufgrund der Greenpeace-Aktion diese TBT-Gutachten lückenlos an die Öffentlichkeit gegeben worden sind. Thomas Schumacher
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