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Politische Konkurrenz für Robert Mugabe

■  Simbabwes mächtiger Gewerkschaftsverband ZCTU gründet am Wochenende eine neue Partei, die dem verkrusteten System gefährlich werden wird. Mugabes alte Taktiken könnten nun versagen

Johannesburg (taz) – In Simbabwe wird sich die politische Landschaft vom kommenden Wochenende an entscheidend verändern. Denn dann soll eine neue Partei gegründet werden, wie der mächtige Gewerkschaftsverband ZCTU am Montag ankündigte. Sie soll aus der bereits bestehenden „Bewegung für einen demokratischen Wandel“ (MDC) hervorgehen und ist die erste Partei, die für den langjährigen Präsidenten Robert Mugabe und die seit 1980 ununterbrochen regierende Partei Zanu eine ernsthafte Herausforderung darstellt.

Als der Gewerkschaftsverband ZCTU Anfang dieses Jahres gemeinsam mit Vertretern aus den Kirchen und den Menschenrechtsbewegungen die MDC gegründet hatte, war bereits klar gewesen, dass diese eher lose Organisation lediglich die Vorstufe zu einer neuen Partei bildete. Die ZCTU, mit mehr als 400.000 Mitgliedern eine Bedrohung für Mugabe, wollte damals den politischen Dialog mit der Regierung nicht abbrechen. Die aber ist den ZCTU-Forderungen, die von einer Anhebung der Löhne bis zu einer weitreichenden Reform des gesamten politischen Systems reichen, bislang in keinem Punkt nachgekommen.

Schon im vergangenen Jahr hatte die ZCTU die Regierung das Fürchten gelehrt, indem sie mit einer Serie von erfolgreichen Generalstreiks mehrmals das gesamte Land lahmlegte und dabei Ausschreitungen verhindern konnte.

ZCTU-Generalsekretär Morgan Tsvangirai ist auch längst zu einem der einflussreichsten Politiker des Landes geworden. „In einem Dritte-Welt-Land müssen Gewerkschaften mehr sein als klassische Arbeitnehmervertretungen“, hatte Tsvangirai vor einiger Zeit gegenüber der taz erklärt.Tsvangirai und ZCTU-Präsident Gibson Sibanda prangern öffentlich Korruption und Misswirtschaft der Mugabe-Clique an. „Irgendwann hat jedes Volk genug“, erklärte Sibanda am Montag. Die Regierung sei zunehmend korrupt, repressiv gegenüber jeglicher Art von Opposition und unfähig, die Probleme des Landes zu lösen.

Für den 75jährigen Mugabe, dessen Zanu sich im Februar Parlamentswahlen stellen muss, dürfte es schwer werden, solche Kritik wie in der Vergangenheit einfach zu ignorieren. Schon seit Jahren wächst der Unmut in der Bevölkerung, denn es geht ihr jetzt schlechter als zu Beginn der Unabhängigkeit im Jahr 1980. Zur Zeit verfügt die Zanu über 147 von 150 Parlamentssitzen und kann dadurch jeglichen Reformansatz im Keim ersticken. In der Vergangenheit hat sie es verstanden, unangenehme Forderungen sich selbst anzueignen. Das beste Beispiel dafür ist die Debatte um eine Verfassungsreform. Mit Beteiligung der ZCTU wurde im vergangenen Jahr eine parteienunabhängige „Nationale Verfassunggebende Versammlung“ (NCA) gegründet, die eine neue demokratische Verfassung erarbeiten sollte, als Ersatz für die noch aus der Kolonialzeit stammende Lancaster-Verfassung. Darin sollten auch demokratische Grundrechte festgeschrieben und die Macht der Regierung und des Präsidenten beschnitten werden. Die Zanu aber ergriff prompt selbst die Initiative und schickt derzeit 400 von Mugabe ernannte Gesandte durchs Land, um parallel eine eigene Verfassung zu erarbeiten.

So auch mit der neuen Partei umzuspringen, wird für Mugabe allerdings schwierig werden. Ein Blick ins Nachbarland Sambia zeigt, wie gefährlich eine Gewerkschaftsbewegung werden kann. Dort gelang es dem Gewerkschafter Frederick Chiluba 1991 mit seiner „Bewegung für eine Mehrparteiendemokratie“ (MMD), den jahrzehntelangen Diktator Kenneth Kaunda in der ersten demokratischen Wahl des Landes zu stürzen.

An diese Tradition lehnt sich die neue Partei in Simbabwe bewusst an. Bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2002 hat die MCD genug Zeit, sich als politische Kraft zu formieren.

Kordula Doerfler

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