: Focke-Museum im Hafen?
■ Die Stadtteilshow „Der gute Abend“bot in der alten Waller Feuerwache einen Mix aus Infos und Kultur
Wer in Walle unbedarft die vielbefahrene Bremerhavener Straße bis zur Nordstraße entlang läuft, käme nie auf den Gedanken, dass diese triste Gegend einst mitverantwortlich dafür war, dass Bremen den mondänen Beinamen „Schlüssel zur Welt“ trug. Die Zeiten, wo die BremerInnen auswärtigen Besuch stolz durch den nahe gelegenen Hafen entlang der dort vor Anker liegenden großen Schiffe spazieren führten, sind endgültig vorbei. Und wie wenig der Hafen heute noch das Waller Stadtbild prägt, erkennt man daran, dass ein großer Wall ihn vom Stadtteil abschneidet. Wen es trotzdem zum Hafen zieht, muss sich den Weg durch die wenigen dunklen Tunnel bahnen, in denen es zumeist penetrant nach Pisse riecht. Der Hafen stirbt, ohne dass in der Hansestadt viel Aufhebens darum gemacht wird.
Weit gefehlt! Die alte Feuerwache am Kopf des Holzhafens war überfüllt, als die ModeratorInnen Frauke Wilhelm und Hartmut Emig von der Kulturwerkstatt westend die Stadtteilshow „Der gute Abend" eröffneten. Von der Rentnerin über den Alt-68er bis zum Jung-99er hatte sich jede Menge Waller Volk eingefunden, um bei Zwiebelsuppe, mäßig kühlem Bier und viel Showprogramm zu vernehmen, was denn jenseits von Großmarkt- und Vergnügungsparkansiedlungen werden soll aus dem riesigen Hafenareal.
Ginge es nach Heinz-Gerd Hofschen vom Focke-Museum, entstünde am Europahafen eine Filiale des Landesmuseums für Kulturgeschichte. Im dort gelegenen gigantischen Speicher 1 würde er gerne auf drei Stockwerken und 5000 qm Fläche eine Daueraustellung über den Hafen, die dort verrichtete Arbeit sowie zum Thema Verkehr zeigen, während die restlichen vier Stockwerke dem Museum als Magazin dienen könnten. Ein historischer Zug, träumte Hofschen und mit ihm die begeisterten ZuhörerInnen, könnte die BesucherInnenströme über den Hauptbahnhof direkt an den Speicher bringen. Und ein direkt vor dem Speicher vor Anker liegendes riesiges Frachtschiff böte Einblicke in längst vergangene Zeiten. Einziges Problem: Der Senat kann sich bislang nicht dazu durchringen, das knapp 14 Millionen Mark teure Projekt zu finanzieren, hat seinerseits aber zugleich den am zugeschütteten Überseehafen gelegenen Speicher 11 als alternativen Museumsstandort ins Spiel gebracht. Ende Dezember soll dazu im Senat, laut Hofschen, eine Entscheidung fallen.
Nach einem schrägen jazzigen Intermezzo durch Marc Piras elektronische Drehorgel widmeten sich Wilhelm und Emig im weiteren Verlauf des Abends ausgiebig dem Thema Feuerwehr. So durfte der Feuerwehrmann Werner Klein ausführlich von seinen schönsten Bränden erzählen („Die Explosion der Rolandmühle 1979 war toll!“), während sein Kollege Hans Johannsen mit vor Freude leuchtenden Augen unter Zuhilfenahme einer leeren Batterie Stahlwolle zum brennen brachte und ein ums andere Mal unter heftigem Applaus des Publikums äußerst effektvoll Mehlstaub in die Luft jagte. Natürlich fehlte nicht der halbherzige Hinweis für die Kinder, zu Hause solch spaßige Dinge tunlichst zu unterlassen.
Zum Abschluss des unterhaltsamen Abends erzählten zwei Frauen des Vereins Nitribitt vom wenig erbaulichen Alltag auf der Cuxhavener Straße, Bremens mitten im Hafen gelegenen einzigen legalen Straßenstrich, wo sich vorwiegend Hausfrauen um eine Aufbesserung der krisengeschüttelten Haushaltskasse bemühen. Anschließend zeigte das Feuerwehrboot noch, wie schön Feuerlöschen aussieht. Und mit dem sicheren Gefühl, dass man seinem Kindheitstraum hätte wahr machen und doch Feuerwehrmann werden sollen, zog man durch den stinkigen Tunnel gut amüsiert nach Hause.
zott
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