Kommentar Gen-Test als Segen Aber er kann nicht alles sein

Der gestern im Landgericht verhandelte Fall ist – als Sexualdelikt – eher die Ausnahme. Auch wenn die Angst vorm unbekannten Vergewaltiger, der nächtens aus dem Gebüsch springt, unter Frauen groß ist, ist er als Täter doch eher die Seltenheit. Meistens stammen die Männer aus dem Bekanntenkreis der Opfer und wären leicht zu identifizieren – falls die Vergewaltigung überhaupt angezeigt wird. Noch ist die Dunkelziffer hoch.

Immerhin: In Fällen, wo Unbekannte brutal zuschlagen, sinkt mit dem Gen-Test ihre Chance auf strafloses Davonkommen. Wenn man auf tausende Vergewaltigungsprozesse in zig Jahren zurückblickt, wo – Aussage gegen Aussage – auch der gut beleumundete, liebevolle Familienvater unter Umständen eine Chance bekam, glimpflich davon zu kommen, ist der DNA-Test ein Quantensprung in der Kriminalgeschichte. Und vielfach auch eine Genugtuung für Frauen, die lange gegen die Banalisierung von „Kavaliersdelikten“ gekämpft haben, mit denen die Karriere von Sexualstraftätern vielfach ihren Ausgang nimmt. Aber war es das schon?

Kaum. In einer Gesellschaft, wo es keine Seltenheit mehr ist, dass heranwachsende Jungen kleine Mädchen vergewaltigen, muss mehr geschehen als Täter nur dingfest zu machen. Zunächst müssen die Täter als solche gebrandmarkt werden. Und das kann nur heißen: Anzeigen, anzeigen, anzeigen. Eva Rhode