■ Urdrüs wahe Kolumne: Gesamtbremischer Burgfrieden
Heute stellt Kriegsminister Rudolf Scharping in der Reichshauptstadt Berlin der Bundespressekonferenz sein „Kriegstagebuch“ vor. Die Laudatio zu dieser spektakulären Buchpremiere wird sein Kriegskamerad Josef Fischer halten und erfreulich ist an dem ganzen Scheiss eigentlich nur, dass man beide Herren nach den Wahlen der letzten Wochen so recht eigentlich nicht als Kriegsgewinnler bezeichnen kann. Crime doesn't pay ...
In Trinkerkreisen wird heftigst bedauert, dass es dem gestandenen Ostertor-Uhu Knox vom Bistro Brazil am vergangenen Wochenende nicht gelang, in den grünen Landesvorstand vorzudringen. Hatte er doch für den Fall seiner Wahl die Kreation eines Cocktails „Green Please“ angekündigt, dessen essentieller Bestandteil ein ordentlicher Hieb des hierzulande illegalen grünen Stimmungsmachers Absinth sein sollte. Möge die Landesmitgliederversammlung dies bei einer sicher bald fälligen Nachwahl wohlwollend bedenken!
Das Elend hat bekanntlich viele Gesichter – doch woran mag es liegen, dass es in Bremerhaven sogar seinen übersteigerten Ausdruck in der Trinkhallenbetreiber-Physiognomie des DVU-Siegfrieds Tittmann findet? Eine mögliche Erklärung dafür gibt jetzt das Ergebnis einer Greenpeace-Fahndungstour durch den Schlick der norddeutschen Seehäfen: Danach wurde im Kaiserdock von Fishtown dank Lloydwerft die höchste Tributylzinn-Konzentration überhaupt festgestellt. Wenn die lütten Bremerhavener dann von ihren Eltern zum Spielen in den Schlick geschickt werden und über ihr Sinnesorgan Haut die ganzen Gifte aufnehmen, kommen am Ende natürlich solche Siggis bei raus und lallen ihre Heileheile-Hits, statt Oh-oh oder Lala zu rufen wie die anderen Teletubbies. Naheliegende Forderung: Ökologen und Antifaschisten – eine Kampffront!
Beispielgebend für die Entwicklung eines lebendigen Internationalismus ist die Tatsache, dass in der nächsten Woche bei den German Classics in der Bremer Stadthalle diverse Amazonen nicht unter der jeweiligen Reichskriegsflagge ihrer Herkunftsländer antreten, sondern ein „Ladies Team“ (mit Regenbogen-Fähnchen von Escada?) bilden. Wenn dann auch noch Rodrigo Pessoa für die Maguerita-Mannschaft aufreitet und Ludger Beerbaum die Weizenkorn-Equipe anführt, wäre dies ein Schritt in die richtige Richtung, der baldigst von den Jupp Derwall-Buben nachvollzogen werden sollte: Womit den Fussball-Nazis schnell der Boden unter den DocMartins weggezogen wäre ...
Der altgediente Grünspecht Rainer Oellerich als neuer Chef der Bürgerschaftsverwaltung: So wächst zusammen, was zusammen gehört und wenn irgendeines nicht mehr allzu fernen Tages auch noch Hucky Heck Direktor eines Fahrradparkhauses am Hauptbahnhof wird und Helga Trüpel den Job der Landestrainerin für Rhythmische Sportgymnastik übernimmt, dann ist der Zeitpunkt gekommen, wo Regierungssprecher Klaus Schloesser den letzten Schritt zum gesamtbremischen Burgfrieden verkünden kann: „Konrad Kunick und Klaus Möhle leiten gemeinsam den ADAC-empfohlenen Campingplatz am Autobahnring. Notfalls muss Hartmut Perschau noch als Oberwegewart im Bürgerpark eingebunden und die Rest-FDP mit der Managementaufgabe im Ruderbootverleih am Emmasee abgefunden werden, um Bremen vor letzten Quertreibereien zu bewahren.
In einem Imbiss-Container vorm Hauptbahnhof werden derzeit Bockwürste zum appetitanregenden Niedrigpreis angeboten. Was einen freundlichen Bettelmann veranlasst, mir auf meine zweckgebundene Silbergeld-Spende zwei Groschen zurückzugeben: „Kannst du doch sicher besser zum Telefonieren gebrauchen. Ich kenn doch sowieso keinen, den ich anrufen könnte ... und ein Sparschwein hab' ich auch nicht!“ Hat man eine solch fürsorgliche Geste jemals vom Finanzamt erlebt? Fragt sich und dich und auch das Weltkind in der Mitte
Ulrich „Duty free“ Reineking
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