■ Das Diepgen des Tages: Ruhestörer
Mit Lärm gegen Krach. Die Mitarbeiter des Bezirksamts Friedrichshain sind entweder schwerhörig oder haben zu viel Schmalz im Gehörgang. Wochenlang beschwerten sich Anwohner der Rigaer Straße über den Krach, der nachts aus den ehemals besetzten Häusern in die Nachtluft drang. Die Klagen über die „Hottentotten“-Punks stießen beim Bezirksamt nicht auf taube Ohren. Messungen ergaben, dass zumindest an einem Abend der zugelassene Wert von 35 Dezibel mit satten 70 Dezibel überschritten wurde – damit hatten die Punks es auf den Lärmpegel eines startenden Flugzeugs gebracht.
Krach ist den Ohren von Bezirksamtsmitarbeitern der Feind Nr. 1. Deshalb fuhren sie am 9. August mit einem Lautsprecherwagen der Polizei durch die Rigaer Straße und verlasen eine „Allgemeinverfügung zur Abwehr schädlicher Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen“. Was eine nette Sommernachtsunterhaltung für die Punks hätte werden können, entpuppte sich im Nachhinein als tot geglaubte Aktionsform. Ganz nach dem verstaubten Demo-Motto „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ wurde kräftig am Lautstärkeknopf gedreht. Eine kleine Anfrage des PDS-Abgeordneten Freke Over an Innensenator Werthebach (CDU) brachte es ans Licht: Das Amt sorgte mit 116 Dezibel für Ruhe.
Molly Bluhm
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