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Die Masche mit der Masche

Wer träumt nicht davon, eine Marktlücke zu finden? Ein Norderstedter versuchts mit einem Strumpfhosen-Notdienst  ■ Von Heike Dierbach

Der Alptraum geschah kurz vor Weihnachten vorigen Jahres. Jürgen Adler und seine Lebensgefährtin wollten zu einem Geschäftsessen. Er im Anzug, sie chic in Rock und Strumpfhose. Und dann das: Eine Laufmasche! Peinlich. In ihrer Verzweiflung rasten die beiden in der Nacht durch Hamburg, klapperten die Tankstellen ab – ohne Erfolg. Eine neue Strumpfhose fanden sie nicht. Aber eine Marktlü-cke. Die füllt Adler seit April mit seinem Strumpfhosen-Notdienst.

Bisher hat sich zwar auf seine in ganz Hamburg ausgehängten Zettel noch kein Notfall gemeldet. Aber „das Wetter war ja auch zu gut für Strumpfhosen“, weiß Adler. Jetzt könne die Saison beginnen. Rund hundert verschiedene Modelle von Größe 36 bis 46 hält er in seinem Köfferchen parat – hautfarbene, weiße, schwarze, rote. Glänzende und matte, glatte und gemusterte Strumpfhosen. Sogar Designerware ist dabei, alles originalverpackt natürlich.

Die Strumpfhosen kauft Adler im Kaufhaus. Oft hilft ihm seine Lebensgefährtin beim Aussuchen, „denn als Mann hat man ja doch nicht so viel Ahnung davon“. Die Preise – auch Schnäppchen – gibt der 44-Jährige ohne Aufschlag an die Kundinnen weiter: 1,99 bis 19 Mark kostet die rettende Hose. Holt die Kundin die Ware selbst ab, wird für den Notdienst nur eine Mark extra fällig, den Auto-Lieferservice im Hamburger Stadtgebiet berechnet der Norderstedter mit zehn Mark: „Man muss ja erst mal klein anfangen, um ins Geschäft zu kommen.“

An Verdienst sei derzeit noch nicht zu denken. Sein Auskommen verdient Adler als LKW-Fahrer: „Der Strumpfhosen-Notdienst ist erst mal nur eine Hilfe für die Schönen dieser Welt.“ Allerdings habe er mit den hundert Strumpfhosen inzwischen ja auch einen „kapitalen Wert“ angesammelt. Für Werbung in der Presse reichte das Kapital bisher nicht, aber die ersten Einnahmen will Adler auf jeden Fall in die PR investieren.

Wenn er im Bekanntenkreis von seinem Notdienst erzähle, werde er zwar oft belächelt, berichtet der Projektgründer. Dann stimmten aber vor allem die Frauen oft zu, dass das gar keine schlechte Idee sei. „Meist sind es doch gerade die einfachen Dinge im Leben, die Erfolg haben“, glaubt Adler. Schließlich ist seine Idee, soweit er weiss, einzigartig in Europa – wenn nicht weltweit.

Der Strumpfhosen-Notdienst ist erreichbar montags bis sonnabends nach Geschäftsschluss, an Sonn- und Feiertagen ganztägig unter Tel. 0173/364 42 78

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