■ Das Diepgen des Tages: Lorenz Postler
Hirn über Bord! Noch vor wenigen Wochen hatte Lorenz Postler, Sozialstadtrat von Friedrichshain, völlig vernünftige Ansichten. Auf die Frage, was von der DDR geblieben sei, antwortete er zum Beispiel feierlich: „Der Biergarten.“ Das zeugt von Mannesreife und erscheint in einem Bezirk, dessen Alkoholtotenrate 120 Prozent über dem Durchschnitt liegt, auch unter wahlstrategischen Gesichtspunkten sinnvoll.
Jetzt aber fischt der Mann intellektuell nur noch im Trüben. Als Sozialstadtrat gab er die Anfertigung eines „silbernen Kuschelkarpfentiers“ in Auftrag, das er auf der Oberbaumbrücke als Wappentier des Bezirks präsentieren will. Dort findet morgen der „3. Fried- richshainer Fischtag“ statt, bei dem auch noch der beste Namensvorschlag für das Kiementier prämiert werden soll!
Will Postler denn die fehlende soziale Wärme im Bezirk nun ausgerechnet mit einem schuppigen, glitschigen Karpfenvieh kaschieren, das sich – passend zum Image von Friedrichshain – am liebsten im Schlamm aufhält? Hofft er darauf, dass der gemeine Friedrichshainer, geblendet vom lokalpatriotischen Popanz, auch bei den nächsten Wahlen wieder bei ihm anbeißt? Oder leidet Postler, selber ein kleiner Fisch, so sehr unter seinem nicht existenten Bekanntheitsgrad?
An den Gräten der PR-Aktion auf Unterwasserniveau jedenfalls dürfte Postler noch lange zu schlucken haben. Da hilft auch nicht, dass „jedem Pressevertreter ein Kuscheltier im S-Format vor Ort überreicht wird“. Denn das „S“ kann in diesem Fall nur für „schuppig“ stehen. Findet zumindest
Molly Bluhm (nach Diktat untergetaucht)
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