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■ Gelebter Sozialismus ist, heute beim schwedischen Möbelhaus einzukaufen

Moppe hier, Billy da, Sten und Vreta überall: Heute ist Ikeatag! Denn heute ist bei Ikea „Umsatztag“! Das ist ein Ereignis, das aufgegriffen werden muss, bei aller Scheu vor potenziellen starken Werbekunden. Oder muss hier noch wer vor den Untiefen des Kommerzes bewahrt werden?

Außerdem erzählen es sich die Leute, die den Ikea-Katalog immer am Tag seines Erscheinens auswendig lernen (das sind fast alle), sowieso seit Wochen: Die Einnahmen des heutigen Tages werden an die 40.000 Ikea-Angestellten in aller Welt verteilt, weil Ikea seinen 25sten Geburtstag feiert.

25 Jahre! Eine ganze Generation ist mit den Kieferklötzen aufgewachsen. Wer redet hier von der „Generation Berlin“? Wer wohnt denn in Berlin? Alle wohnen zwischen Ikea-Möbeln! Wir sind die Ikea-Generation! Sage keiner, er sei noch nie bei Ikea gewesen oder könne nicht aus dem Stand drei skandinavische Jungsnamen nennen. Kann sich jemand an ein Leben vor Ikea erinnern? Musste ein anderer Großkonzern nicht erst sein jüngstes Automodell auf die Seite legen, damit das Wort „Elch“ eine frische Bedeutung bekam?

Eben. Schon seit sechs Uhr morgens stehen die Verkäuferinnen und Verkäufer des unvermeidlichen schwedischen Möbelhauses heute auf den Beinen, um in ihre eigenen Taschen zu wirtschaften. Und die immerflinke Pinneberger Verkehrsgesellschaft PVG hat eigens ihre morgendlichen Busfahrzeiten an den erwarteten Andrang angepasst. So muss public-private-partnership aussehen.

Wenn das kein Anlass ist, wieder einmal nach Stellingen rauszufahren! rufen die Ikea-Junkies im Chor: Wann gehen Konsum und Solidarität schon einmal so wunderbar Hand in Hand? Gelebter Sozialismus ist, heute einzukaufen: 25 Millionen Mark Umsatz erwartet sich der blaugelbe Konzern allein in Deutschland, macht zweieinhalb bis dreitausend Mark pro angestellte Nase – und das bei den Ladenöffnungszeiten! Denn während hier die Tore um 16 Uhr wieder schließen müssen, wird etwa im Möbel-Mutterland Schweden 24 Stunden rund um die Uhr durchverkauft.

Natürlich bekommen nur die Angestellten das Geld, nicht etwa, wie manch heißblütige Ikea-Idealistin vermuten würde, auch die Arbeiterinnen und Arbeiter, die in scheinselbstständigen Fabriken im fernen Osten an Teppichen weben oder Schrauben eintüten. Und das Geld wird ebenfalls nicht, wie eine volksnahe Zeitung mit vier Buchstaben bereits herausposaunt hat, weltweit gleich verteilt: „Es werden überall maximal drei Monatsgehälter ausgezahlt“, erklärt Konzernsprecherin Irene Weber. Genau, das wäre ja sonst ungerecht: In China kann man sich mit dreitausend Mark schließlich schon zur Ruhe setzen. Die würden da womöglich alle am Montag aufhören zu arbeiten.

Apropos Montag: Das Umtauschrecht, hat die Ikeazentrale versprochen, „gilt natürlich in vollem Umfang“. Und die Angestellten behalten den Samstagsumsatz, auch wenn alle Waren wieder zurückkommen. Die kann man dann ja mit dem Taxi schicken: Am Montag gehen die Einnahmen einiger „das taxi“-Fahrer in die Ex-Jugoslawien-Hilfe. uwi

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