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Herr Hefele kriegt zwei Minuten

■ Albert Hefele

Leute, die diese Kolumne lesen, werden sich das in etwa so denken: „Der Hefele, der hat es gut. Der kann alle zwei Wochen Spott und Hohn ablassen und seinen Senf ausgießen über diesen und jenen und herumtrampeln, auf wem immer er will. Und die Abonnenten dieser braven Zeitung müssen es lesen und auch noch Geld dafür geben, und das sackt er dann ein ... heiser kichernd.“ Wenn also wer so denken würde, dann würde ich wirklich kichern, aber nicht heiser, sondern traurig über ein solches Maß an Fehleinschätzung der Realität. Denn, wer die Zeitungsland-

 Auch unter den Synchronschwimmern finden schwere Schicksale statt

schaft auch nur in etwa kennt, der weiß: diese Zeitung ist wirklich sehr brav und alles, aber mit Geld ködert sie wohl keinen ihrer Mitarbeiter!

Warum er sich dann die Arbeit macht, der Hefele? Einerseits, weil es ihm gefällt, dass es solche Tageszeitungen gibt und er denkt, dass es sie weiterhin geben sollte, andererseits weil er – zumindest sein im Sportbereich schreibendes Ich – eine Passion hat. Ein stilles Lebenswerk, das ihn eine innere Stimme zu vollenden heißt. Wenn er auch oft über andere Sportarten und Blödheiten sich äußern muss, die innere Stimme ruft ihn stetig zur Ordnung und zum eigentlich Kern seines über Sport schreibenden Seins zurück und spricht also: „Ächte die Sportart Synchronschwimmen, wo immer du sie antriffst und schade ihr, so du kannst.“

So ist das. Ich kann nicht anders. Sobald ich eine Nachricht über das Synchronschwimmen lese, spüre ich Schaum vor dem Munde und quelle über vor Häme. Unfähig auch nur den allerkleinsten objektiven Gedanken zu fassen. Mitgefühl schon gar nicht. Denn auch unter den Synchronschwimmern finden schwere Schicksale statt. Bill Mays Schicksal zum Beispiel.

Wer Bill May ist? Wenn man den in der Presse erschienenen Fotos glauben darf, eine Art unterwürfiger Biber. Seine Zähnchen am Beckenrand bleckend und dem Priesterseminar nachtrauernd, an dem sie ihn nicht genommen haben ... sehen Sie: es geht schon wieder los! Ich kann die Häme nicht halten. Also noch mal von vorne und ganz objektiv. Bill May ist ein amerikanischer Mensch, der gerne bei den Olympischen Spielen synchronschwimmen möchte. Aber: Bill May ist ein Mann. Darum darf er nicht, weil: Synchronschwimmen dürfen nur Frauen.

Ich halte das für eine Diskriminierung. Nicht Bill Mays, sondern der Frauen. Weil man offenbar nur Frauen geeignet findet, dieses Gezicke zu absolvieren. Dabei beweist Bill May seit drei Jahren täglich das Gegenteil. Er trainiert mit den Damen und teilt sogar heldenhaft die Umkleidekabine mit ihnen. Er tut gar alles für seinen Sport. Außerdem findet Peter Purps vom Deutschen Schwimm Verband, dass Bill May über „für diesen Sport perfekt geformte Beine“ verfügt. Peter Purps heißt wirklich so und ich muss schon wieder unmenschliche Kräfte aufbieten, um mich nicht hämisch dazu zu äußern.

Es hat keinen Wert, ich möchte mich einem anderen Thema zuwenden. Mario Basler. Ihm und dem Sportskameraden Scheuer, dem ich übrigens ein B. vor dem Nachnamen empfehlen möchte, gefiel es, sich während der Auskurierung diverser Bänder-, Muskeln- und Knochendefekte, wieder einmal unters Volk – hier eine schimmlige Pizzeria – zu mischen. Kein Mensch wird jemals erfahren, was wirklich an jenem Abend geschehen ist und doch bin ich mir sicher, ich weiß es. Förmlich sehe ich Mario vor mir, rauchend und kühn forsch um sich blickend: „Soll nur einer was zu mir sagen ...“ Schließlich ist der ruppige Scheuer dabei, der ihm dann eine vors Maul haut. Der hat es dann auch zuverlässig gemacht, und für ein paar Tage kommen sich die beiden ganz toll ungebärdig vor. So richtig ausbaden muss es wohl Scheuer, weil Mario hat gleich wieder einen Club. Die Manager suchen schließlich händeringend „Originale“, auch wenn die Originalität Baslers aus schierer Dummheit besteht. Wenn es doch wider Erwarten nicht klappen sollte mit dem neuen Verein, kann er immer noch bei mir einsteigen: als Spielmacher in der Arschlochmannschaft.

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