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Für das Begräbnis gibt's kein Visum

■ Ein leukämiekranker Kurde starb in München. Seine Familie durfte nicht einreisen. Das Innenministerium fürchtet, dass sie in Deutschland zu Sozialfällen werden könnten

Berlin (taz) – Wenn es ums Geld geht, lassen die Bayern nicht mit sich spaßen. Vergangenen Donnerstag starb der leukämiekranke Iraker Adnan Hussein im Münchener Klinikum Großhadern – ohne seine Familie noch einmal gesehen zu haben.

Das bayrische Innenministerium wollte seine Frau Sausan und die drei Kinder nicht aus der Türkei einreisen lassen. Die Behörde fürchtete, die vier könnten in Deutschland bleiben – und die Sozialkassen belasten. „Wir können nicht den ohnehin überlasteten Finanzen der Kommune einen weiteren Sozialfall aufbürden“, begründete Ministeriumssprecher Michael Ziegler die unnachsichtige bayrische Haltung.

1997 war Adnan Hussein zu Verwandten in die Landeshauptstadt geflüchtet – seine Frau und die drei Kinder blieben seinerzeit im Irak zurück. Erst im März diesen Jahres erkannten die deutschen Behörden den Kurden als politisch Verfolgten an. Bis dahin durfte er laut Gesetz nicht arbeiten – und daher auch nicht seine Familie nachholen.

Im Juli verschlechterte sich Gesundheitszustand des zwischenzeitlich an Leukämie erkrankten Hussein. Als seine Frau Sausan davon erfuhr, reiste sie mit den Kindern in die Türkei, um von dort nach Deutschland zu gelangen. Beim Erdbeben verlor die Familie ihren letzten Besitz. Doch auf ein Einreisevisum wartete Sausan Hussein weiter vergeblich.

Bei den Behörden will niemand Verantwortung übernehmen: „Das Auswärtige Amt ist in Einzelfällen grundsätzlich bereit, aus humanitären Gründen eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen“, sagte ein Sprecher gestern zur taz. Im Falle Hussein habe die Entscheidung eindeutig beim bayrischen Innenministerium gelegen.

Davon will der Sprecher des bayerischen Innenministeriums, Michael Ziegler, nichts wissen. Seine Behörde habe die Einreise schließlich nie abgelehnt.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich hatte der Freistaat die Einreise der kurdischen Familie von zwei Bedingungen abhängig gemacht: Die Caritas München, deren Sozialdienst Hussein betreut hatte, sollte sich verpflichten, drei Jahre lang alle Kosten für den Aufenthalt übernehmen. Der Grund: In den Irak konnte die kurdische Familie nicht zurück, und die Türkei hatte eine erneute Aufnahme bereits abgelehnt. „Wir mußten also damit rechnen, daß sie dauerhaft in Deutschland bleiben werden.“ Pro Kopf und Monat hätte das den Freistaat 1.000 Mark gekostet, rechnet Ziegler vor. Zu teuer, entschied das Innenministerium.

Die Caritas hatte zwischenzeitlich ein Spendenkonto eingerichtet. Doch ehe der Verband das Geld zusammenhatte, starb Hussein. Für Ministeriumssprecher Ziegler ist dies kein Argument: „Die Caritas sollte nicht so scheinheilig tun. Die waren schließlich auch nicht bereit, die Bürgschaft selbst zu übernehmen“, sagt Michael Ziegler.

Gestern mittag wurde Adnan Hussein in München beerdigt. Seine Familie hat an der Trauerfeier nicht teilgenommen. Auch nach dem Tod des Irakers beharrte das bayrische Innenministerium auf der Bürgschaft. „Die Problematik bleibt diesselbe. Daran ändert auch das menschliche Schicksal nichts“, sagte der Behördensprecher. Nicole Maschler

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