piwik no script img

■ H.G. HolleinABM

Das Leben, das mich im Griff hat, ermüdet mich bisweilen. Aber es gibt ja noch die Gefährtin. Lege ich mich tatsächlich einmal zu einem erquickenden Schlümmerchen nieder, ruft das bei ihr prompt eine sorgsam gepflegte Task-List häuslicher Desiderate ab. „Wenn du eh nichts zu tun hast...“ lautet die klassische Eröffnung, mit der sie mein Sein und meine Zeit fürsorglich zu optimieren trachtet. So finde ich mich alsbald gähnend einen Staubwedel schwingend auf einer Leiter vor unseren Bücherregalen wieder oder mühe mich mit Hilfe einer verhaltensgestörten Wasserwaage mit der Justierung unseres Herdes ab. Beide Tätigkeiten sind gleichermaßen frustrierend. Nicht, weil sich der aufgewirbelte Staub umgehend wieder herabsenkt, sondern weil die Gefährtin – nach eigenen Angaben – erstens zu klein und zweitens nicht schwindelfrei ist, mithin die oberen Buchreihen nie in Augenschein nimmt. Der Herd steht auch nach ausgefeiltesten Tarierversuchen auf dem wellenförmigen Küchenboden hinterher günstigstenfalls nicht schiefer da als vorher. Ich weiß das, aber ebenso weiß ich aus langer Erfahrung, dass die Gefährtin jeglichen Hinweis auf die Sinnlosigkeit solchen Unterfangens als billige Drückebergerei zu unterdrücken pflegt. Manchmal zeitigt mein Tun aber auch Erfolge. So ist es mir 14 Jahre nach unserem Einzug auf Drängen der Gefährtin vorige Woche gelungen, den Dachboden von vier Kubikmetern Gerümpel zu befreien. Der Nachteil ist nur, dass die Gefährtin seitdem unablässig witternd durch die Wohnung streift und nach mittelbar Entbehrlichem sucht, das „wir“ doch „schon immer mal“ wegräumen wollten. So muss ich mir denn wohl auch weiterhin keine Gedanken machen, dass mich – sollte der Tag kommen – Gevatter Tod aus bereits prämortal-entspanntem Dämmer abrufen kann. Die Gefährtin wird ihm schon klarmachen, dass ich vorher – „eben noch mal schnell“ – das eine oder andere zu bewegen habe.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen