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Ein Votum gegen die Integration

■ Bei den Wahlen in Makedonien liegt der Exkommunist vorne. Er spielte den Gegensatz zwischen Slawen und Albanern aus

Skopje (taz) – Enttäuschung spiegelte sich auf den Gesichtern der Mitglieder der Regierungspartei in Makedonien, als die ersten Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen vom Sonntag durchsickerten. Denn in der ersten Runde liegt ihr Kandidat, Boris Trajkovski, nach inoffiziellen Angaben mit 22 Prozent der Stimmen nur auf dem zweiten Platz. Und das ist eine herbe Schlappe für die VMRO (Demokratische Partei für die makedonische Einheit und demokratische Alternative), die unter dem Premierminister Ljubco Georgievski seit einem Jahr die Regierung führt.

Als vorläufiger Sieger können sich die Exkommunisten fühlen. Der Kandidat der Sozialdemokratischen Union Makedoniens, Tito Petkovski, führt mit rund 35 Prozent der Stimmen vor Trajkovski, die anderen vier Kandidaten können nicht mehr in die Stichwahl kommen, die in zwei Wochen anberaumt ist. Vor allem für den mit 16 Prozent abgeschlagenen Außenminister Vasil Tuporkovski stellt die Wahl eine herbe Niederlage dar, obgleich gestern zunächst nicht ausgeschlossen war, dass er noch den Sprung auf den zweiten Platz schaffen könnte.

Weniger unzufrieden ist eine andere Gruppe: die wichtigste Partei der Albaner, die DPA des Arben Xhaferi. Seit einem Jahr selbst Mitglied der Regierung, ist die DPA jetzt mit 80 Prozent der albanischen Stimmen eindeutig stärkste Partei der Bevölkerungsminderheit geworden. Die 15 Prozent Anteil der Gesamtstimmen für ihren Präsidentschaftskandidaten bedeuten, dass die Partei immerhin über die Hälfte der albanischen Wahlberechtigten (rund 23 Prozent ) an die Urnen locken konnte.

Dies könnte unliebsame Konsequenzen haben. Die Macht des Präsidenten sei zwar unbedeutend, „der Wechsel in der Atmosphäre“ aber sei signifikant, sagt Stefan Krause, Mitarbeiter der renommierten International Crisis Group, die Analysen über das Land erstellt. Die herrschende Koalition könnte bei einem Sieg des Exkommunisten Petkovski im zweiten Wahlgang angeschlagen werden und „nach einer Schamfrist“ auseinanderbrechen.

Dies würde einen Rückschlag für die Anstrengungen bedeuten, die Politik des Landes integrativ und proeuropäisch auszurichten. Zum Ärger der proserbischen Kräfte bei den Exkommunisten hatte die Koalition zudem die Stationierung von Nato-Truppen erlaubt und so indirekt am Nato-Angriff auf Jugoslawien mitgewirkt.

Die Betonung der Menschenrechte, die Versuche, das Land zu demokratisieren, erweisen sich mit dem Sieg des Exkommunisten Petkovski in der slawisch-makedonischen Bevölkerung als nicht populär. Denn Petkovski hatte in seinem Wahlkampf die Unzufriedenheit der slawischen Bevölkerung mit der Integration der Albaner in den Staat angesprochen. Die nationalistischen Gefühle halfen ihm, aus dem ersten Wahlgang als Sieger hervorzugehen.

Da der offene Nationalist Stojan Andov zudem um die 10 Prozent der Stimmen erhielt und sicher Petkovski unterstützen wird, sind die 50 Prozent für den nächsten Wahlgang schon fast geschafft. Hoffen kann Boris Trajkovski, der Kandidat der Regierungspartei, nur noch darauf, dass enttäuschte Anhänger wieder zu den Urnen kommen – die Wahlbeteiligung lag um die 65 Prozent – und es den albanischen Verbündeten gelingt, ihr Stimmenreservoir voll auszuschöpfen. Erich Rathfelder

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