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Jung-rot und jung-grün: Ganz lieb

Nachwuchsorganisationen der Regierungsparteien loben viel und kritisieren wenig: „Wir haben kein Interesse draufzuhauen“  ■ Von Peter Ahrens

Die politische Jugend der Regierungsparteien: jung und lieb. JungsozialistInnen und Grüne Jugend Hamburg ziehen rot-grüne Halbzeitbilanz und finden kaum Kritikpunkte. „Wir haben kein Interesse, auf rot-grün draufzuhauen“, sagt Rachel Jacobsohn, Sprecherin der grünen Jugend. Das tun sie denn auch nicht.

Die europäischen Häfen müss-ten mehr zusammenarbeiten, Hamburg solle sich stärker für eine Ausbildungsplatzabgabe stark machen, beim Atomausstieg wäre ein bisschen mehr Druck auf die HEW nicht schlecht, und die S-Bahnen in der City sollten die ganze Nacht durchfahren und Abteilungen für Fahrräder haben. So hören sich die bescheidenen Forderungen des politischen Nachwuchses an.

Die Mängelliste des Senates, die jung-rot und jung-grün aufgestellt haben, ist kurz. Und eigentlich steht da nur ein Punkt drauf, mit dem Jusos und junge Grüne gar nicht zufrieden sind: die Abschiebepolitik. Hier habe sich die Stadt „nicht mit Ruhm bekleckert“. Jacobsohn relativiert allerdings gleich: Die Asylpolitik sei ja auch Bundessache, das könne man von Hamburg aus schlecht ändern. Und es gebe ja nun zwischen SPD und GAL einen „mühevoll ausgehandelten Kompromiss, den wollen wir nicht gleich wieder demontieren“.

Dagegen artiges Lob für die Hamburger Ehe, fürs sauberer gewordene Elb- und Alsterwasser und für die Velorouten „als ein gelungenes Beispiel für eine ökologische Verkehrspolitik“. Bei Verkehr und Umwelt sei „ein Umdenken spürbar“, in der Drogenpolitik habe sich der Senat bewegt – auch wenn die Forderung nach Coffee-Shops in der Stadt noch nicht erfüllt sei.

Schmusekurs der Jugend – zumindest den Jusos war dabei nicht hundertprozentig wohl. „Unsere eigene Bilanz fällt noch etwas schärfer aus, aber wir wollten uns mit der GAL ja verständigen“, sagt Vorstandssprecher Gernot Wolter. Also flogen Vermögenssteuer und Lockerung des Sparzwangs aus dem gemeinsamen Papier heraus. Die jungen GALlierInnen legen gerade aufs Sparen besonderen Wert: „Wir müssen auf allen Ebenen konsolidieren, da sind wir die Nachhaltigkeitsfanatiker“, sagt Jacobsohn.

Die junge Grüne empfahl den Jugendlichen, die sich politisch engagieren, sich um Sitze in Bezirksversammlungen und in den politischen Parteien zu bemühen. „Auf die Straße gehen, das bringt im Moment nichts“, sagt sie. Es gebe im Moment „keine Mobilisierungsbereitschaft bei jungen Leuten“. Die Jugend wolle stattdessen „Planungssicherheit“, deshalb seien auch so viele von der Politik enttäuscht, die mal das eine und dann wieder das andere sage.

Die Jusos würden im Gegensatz zum junggrünen Koalitionspartner ein bisschen mehr Aufruhr und Aktion gegen Arbeitslosigkeit und soziale Kälte schon ganz gern bei den Jugendlichen sehen. Aber da passiere nun mal nichts. „Wir können ja keine soziale Bewegung im Reagenzglas züchten“, zuckt Wolters Stellvertreter, Dierk Hirschel, die Achseln.

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