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Springer hilft beim Schlußverkauf

■ Senat will beim Verscherbeln des Tafelsilbers nichts übersehen

„Wirtschaftlicher Sachverstand“, so Stadtchef Henning Voscherau zur taz, soll den Senat bei seinem ehrgeizigen Vorhaben unterstützen, in den kommenden Jahren Stadtstaatsbesitz im Gesamtwert von mehreren Milliarden Mark zu veräußern. Auf Betreiben Voscheraus wird der Senat deshalb am kommenden Dienstag über die Gründung einer sogenannten „Asset GmbH“ befinden. Der Name stammt vom englischen Begriff „Asset“, der sich deutsch als „Aktivposten“, im Plural „assets“ schon treffender als „Konkursmasse“ übersetzen läßt.

Die Asset GmbH soll, mit 1,5 Millionen Mark jährlichem Zuschuß ausgestattet, eine Bestandsaufnahme des Stadtvermögens vornehmen und eine langfristige Veräußerungsstrategie entwickeln. Voscherau: „Es geht nicht, Veräußerungen lediglich zur Deckung von aktuellen Haushaltslücken, gleichsam jährlich von der Hand in den Mund zu verwenden.“ Bisher fehle aber eine Institution, die „Querschnittsaufgaben marktbezogen erledigt und politische Entscheidungen des Senats vorbereitet. Dazu ist es notwendig, privatwirtschaftlichen Sachverstand einzubeziehen.“

Und der hat es in sich: Neben Peter Ollmann, dem derzeit wohl bravsten und fähigsten Hamburger Finanzbeamten, ist der Ex-Springer-Finanzchef Claus Ließner als Hauptgeschäftsführer der neuen GmbH im Gespräch. Wieder mal eng beraten von seinem Schattenvizebürgermeister Klaus Asche, dem Holsten- und Handelskammer-Chef, hat Voscherau sich die Asset-GmbH von Finanzsenator Ortwin Runde maßschneidern lassen: Zwar hatte offiziell die Finanzbehörde die Federführung – Voscherau wies aber eine erste Vorlage Rundes im Sommer barsch zur Nachbesserung zurück.

Ihm mißfiel die Vorstellung, die Runde zur Besetzung des Beirats entwickelt hatte. Aller Voraussicht nach wird Voscherau deshalb auch persönlich den Beirats-Vorsitz übernehmen. Zwar kann die Asset GmbH dem Senat nur Vorschläge machen – Voscherau möchte dieses neue Instrument aber offenkundig nutzen, um seine eigenen Vorstellungen von wertem und unwertem Vermögen durchzusetzen.

Sollte tatsächlich Claus Ließner Chef von Voscheraus Hilfstruppe werden, wäre dies nicht ohne Pikanterie: Ein Springermann als Auktionator (sozialdemokratischen) Stadtvermögens. Vorwärts und nicht vergessen: 1987 warb der wahlkämpfende Bürgermeister Klaus von Dohnanyi noch auf Großplakaten um die „Lieben Achtundsechziger!“ Florian Marten

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