piwik no script img

Querspalte

■ Glogowskis Rücktritt gesponsert!

„Im Hause Herbert Wehners machte G. gelegentlich seine Schularbeiten.“ G. steht für Gerhard Glogowski und dieser Anfang macht sich wirklich nicht schlecht in einem sozialdemokratischen Lebenslauf. Tatsächlich brachte es der ehemalige Schulbub G. bis zum Ministerpräsidenten G. Bis gestern regierte der kleine Gerd von einst in Hannover und kennt den großen Gerhard in Berlin bestens. Und Onkel Herbert – längst im Himmel oder im sozialistischen Klassikerjenseits – blickte all die Jahre mit Wohlgefallen auf seinen erfolgreichen Zögling G. Bis zu G.s Rücktritt.

Aber was war geschehen: Der Ministerpräsident soll zur Urlaubszeit die Interessen Niedersachsens bei einer Opernaufführung vor ägyptischen Pyramiden vertreten haben? So etwas gab es auch zu Wehners Zeiten. Aber wie hat man sich eine gesponserte Hochzeit vorzustellen, grübelt Wehner. Stellt VW eine offene Kutsche und die Salzgitter AG vier Schimmel? Sagt der Pfarrer weihevoll: „Nach einer Werbeunterbrechung dürfen Sie die Braut küssen.“? Wirft die Glückliche den extra opulenten Fleurop-Strauß in Kameranähe? Was droht als nächstes, bangt droben der rote Tote: Wolfgang Clement wie ein Fußballtrainer mit RWE-Schriftzug am Hemdkragen? Gottlob, Glogowski gab schon Entwarnung: Lediglich Bier und Kaffee spendierten freundliche Unternehmen zum großen Tag. Wehner atmet auf und bevor der selige Wehner seine diesseitigen Genossen vergisst, lächelt er sanft. Glogowski hat dem Alten endlich klar gemacht, was seine Enkel wohl mit ihrer seltsamen „Neuen Mitte“ und dem „Dritten Weg“ meinen: Alles ist sponsorbar. Fragt sich nur noch: Warum tritt G. zurück? Hat er in den paar Tagen schon einen Förderer gefunden? „Tempo“-Taschentücher für die Tränen oder „Jägermeister“, um den ganzen Kummer herunterzuspülen? Na denn, Prost! Robin Alexander

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen