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Paarweise hip

■  Das neue N3-Magazin „style“ schickt Promis zum Bummeln (22.30 Uhr, N3)

„Was macht den Alltag schön?“, fragt der NDR in seinem Presse-Info, und bevor die Frage im Kopf ausreichend gekreist ist, kommt einem schon die Antwort entgegengeflimmert: „style“. Ein neues oder – mangels Konkurrenz – gar das Lifestyle-Magazin des Norddeutschen Rundfunks.

Das Konzept ist einfach: Zwei Prominente werden in einer mehr oder weniger hippen Stadt aufeinander losgelassen, schlendern durch Straßen, Shops und Cafés und kommentieren ungeniert was sie sehen, fühlen, riechen. Sie philosophieren über die Dinge des Alltags, fragen, was sie schon immer über einander wissen wollten, und kündigen beiläufig Einspielfilme an, die dem Fernsehzuschauer die Faszination von Mode und die Schönheit der kleinen Dinge nahebringen sollen. So gesehen durchaus ein ambitioniertes Projekt.

In der ersten Folge von „style“ treffen Heike Makatsch und Benjamin von Struckrad-Barre in Europas Hippness-Hochburg London aufeinander. Eine gelungene Kombination, aber auch eine, mit der man nicht viel falsch machen kann: London darf sich nach Jahren der kreativen Flaute wieder on top fühlen, Yesterday's Girlie Heike lebt hier, und Deutschlands Literaten-Girlie, der süße Benni, kauft hier seine Platten. Das hat Stil.

Tatsächlich kommt das trendige Konstrukt ziemlich sympathisch daher: Heike Makatsch – im 70er Jahre Mitschnacker-Outfit – scheinen Stil und Style völlig egal zu sein, und Benjamin von Stuckrad-Barre ist gerade dann unterhaltsam, wenn er schneller spricht, als er Korrektur denken kann. So palavern die beiden in einem Klamottenladen über richtiges und falsches Pullianziehen, in einem Möbelgeschäft über ihre Unfähigkeit, sich einzurichten, und während einer Taxifahrt über die Unmöglichkeit, in einem Hotelzimmer „Spuren zu hinterlassen“, was offensichtlich Stuckrad-Barres erklärtes Ziel ist. Das ist zwar nicht immer intelligent, hat aber mitunter hohen Unterhaltungswert und lässt Glanzlichter absurder Reflexion leuchten. So etwa, wenn der „Pop-Literat“ (NDR) anmerkt, dass Hotels immer nur auf eine mittelschmutzige Art sauber seien, und die Wahrheit über Katja Riemann zu sagen mehr mit Rock 'n' Roll zu tun habe, als wenn Ben Becker ein Hotelzimmer zertrümmert.

Zwei exponierte Gestalten in eine Stadt zu schicken – im Gespräch sind unter anderen Franziska von Almsick mit Roberto Blanco – ist an sich schon eine nette Idee. Da sind die Einspieler, in denen Brillen vorgestellt werden, Schuhe, Lomo-Kameras, Wasser oder Urlaub mit Delfin-Anfassen, fast überflüssig. Zumal ihre unterschiedliche Machart, der Versuch, konventionelle Magazinbeiträge neben einer Ästhetik im Stil des Jetzt-Magazins zu platzieren, sich kontraproduktiv auf das Gesamtprodukt auswirken und Konzeptlosigkeit nahe legen. Der schwankende Originalitätsgrad der einzelnen Beiträge und die Bezuglosigkeit zu London (durch deutsche Models und deutsche Kulisse) erzeugen beim auf Großbritannien eingeschworenen Zuschauer zusätzliche Verwirrung.

Der Versuch der beiden „style“-Macherinnen Nicola Graef und Edith Beßling, die Zeitschriften-Rezeptur für Rubriken fürs Fernsehen umzusetzen, ist in Folge fehlender Geradlinigkeit und Konsequenz deshalb doch fehl geschlagen. Dass auch die Inhalte fehlen, die über das bloße Bilder zeigen hinausgehen könnten, mag man den beiden Frauen nicht vorwerfen – sie waren wohl gar nicht gewollt. Schließlich wollten Graf und Beßling vor allem „etwas Junges, etwas Modernes machen“ und „Trends setzen“.

Das sollte die renommierte Londoner Agentur „tomato“ garantieren, die für Vor-und Abspann und die Zwischenjingles verpflichtet wurde. Doch die hat leider, ebenso wie die beiden Redakteurinnen, vergessen, etwas wirklich Neues zu suchen („Trends setzen“), sondern lediglich aufgegriffen, was derzeit als „style“ verkauft wird. Ist das schön? Nein, das ist schade.

Silke Burmester

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