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KommentarVerfassungswidrig?

■ Wahlrecht vor dem Staatsgerichtshof

Dass das Wahlprüfungsgericht die Beschwerde der AfB gegen die 5-Prozent-Klausel ablehnen würde, war klar – dieser Ausschuss entscheidet nur über Verstöße gegen geltende bremische Gesetze. Die 5-Prozent-Klausel steht im bremischen Wahlrecht. Die Frage ist, ob das Wahlrecht der Verfassung entspricht. Denn die gängige Begründung, dass aus Gründen der Stabilität eines demokratischen Gemeinwesens „Splitterparteien“ an der 5-Prozent-Hürde scheitern sollen, ist für den Bremer Fall besonders absurd: Dieses Stadtparlament hat nicht einmal die Kompetenz, die Stadtregierung zu wählen.

Seitdem das Kommunalwahlrecht der EU-Bürger in Bremen umgesetzt ist, bestehen die Zweifel an der Verfassungsrechtlichkeit der bremischen Sonderregelung. Warum hat ein EU-Bürger, der eine 3-Prozent-Partei wählt, nicht das Recht, mit „seinem“ Abgeordneten im Stadtparlament vertreten zu sein?

Wenn der Staatsgerichtshof diese Bedenken teilt, dann schließt sich die Frage an, warum EU-Bürger zwar ihr Kreuz machen dürfen, aber damit keinerlei demokratische Mitwirkung am Zustandekommen der Stadtregierung haben sollen.

Dass die Abschaffung der 5-Prozent-Hürde der AfB in vier Jahren eine Überlebenschance verschafft, ist unwahrscheinlich. Vielleicht „schenkt“ die AfB dem Städtestaat zum Abschied immerhin ein verfassungsrechtlich einwandfreies Wahlrecht. Klaus Wolschner

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