Der CSU hat an ihrer Klausurtagung in Kreuth wenig Freude: Ratlose Runde am Kaminfeuer
Hallo? Erinnert sich noch jemand an diese kleine bayerische Volkspartei, seit Jahrzehnten Beherrscherin des Alpenbundeslandes? Richtig: CSU hieß die, und lange schon hat man nichts mehr von ihren hervorragenden Vertretern gehört. Erwin Huber, Chef der Bayerischen Staatskanzlei, sonst eigentlich immer für einen schnellen Wadenbiss zu haben, schweigt. Thomas Goppel – ist der eigentlich noch Generalsekretär? Nichts von ihm. Und Edmund Stoiber, der ehedem so wortgewandte Ministerpräsident, hat sich schon verdächtig lange nicht mehr als Kanzlerkandidat ins Gespräch gebracht. Verkrochen haben sich die Christsozialen, zu traurig ist der Zustand ihrer großen Schwesterpartei CDU. Und Misserfolg, wissen die Bayern, ist ansteckend. Also bloß nicht zu nahe kommen. Am besten: ganz still sein.
Da passt es eigentlich gar nicht, dass sich die CSU-Landesgruppe im Bundestag auch dieses Jahr wieder im idyllischen Wildbad Kreuth trifft und – Tradition ist schließlich Tradition – alle Welt auf knackige Zitate der Rechtsdemokraten wartet. Was sollen sie nur sagen, wenn sie nichts zu sagen haben, aber verdammt noch mal etwas sagen müssen? Es bleibt ihnen nur die Flucht nach vorn.
Aus den Äußerungen des Landesgruppenchefs Michael Glos spricht denn auch eine große Hilflosigkeit: die CDU-Spendenaffäre? „Die CSU lässt sich ihre Themen nicht vorschreiben“, antwortet Glos. Dabei hatte das niemand getan. Die erste originelle Kritik des Landesgruppenchefs lautete dann: „Die rot-grüne Steuerreform begünstigt vor allem die Banken und Kapitalgesellschaften.“ Das ist offenbar nur dann schlecht, wenn die CSU daran nicht beteiligt ist. Alois Glück, der Fraktionschef der CSU im Bayerischen Landtag, spricht sich derweil entschieden gegen neue Abspaltungstendenzen der bayerischen Schwesterpartei von der CDU aus: „Es wird keine Stimmen geben, die ein solches Vorgehen fordern.“ Einen Knaller wie 1976 hatte auch niemand erwartet, denn auf Gedeih und Verderb sind CDU und CSU miteinander verbunden – selbst die aktuelle CDU-Spendenaffäre ist einem Bayern zu verdanken: Holger Pfahls, untergetauchter Protagonist der Panzer-Schmiergeldzahlungen, ist CSU-Mann.
Also werden sie recht ratlos am Kaminfeuer beraten, wie man sich endlich ohne den Ruch des Korrupten in die Medien schmuggeln könnte. Eine neue Unterschriftenaktion steht zu befürchten. Wie wäre es mit einer für billiges Benzin, das nur an Deutsche verkauft werden darf? Stefan Kuzmany
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