: Genfood-Kennzeichnung mit Lücken
■ EU-Kommission verabschiedet neue Vorschriften für Genlabel. Doch die Verbraucher bleiben auch weiterhin im Ungewissen
Berlin (taz) –Auch gentechnisch veränderte Zusatzstoffe und Aromen müssen demnächst als solche gekennzeichnet werden, zumindest, wenn im Endprodukt die Manipulation noch nachweisbar ist. Eine entsprechende Verordnung veröffentlichte vor wenigen Tagen die EU-Kommission in ihrem Amtsblatt. Mitte März tritt sie in allen EU-Staaten in Kraft.
Die Kommission kommt damit einer Forderung von Verbraucherschutzorganisationen und Umweltverbänden entgegen, die seit längerem schon kritisieren, dass ein Großteil des Genfood ohne Kennzeichung in den Geschäften ausliegen darf. So musste bisher der in vielen Lebensmitteln verwendete, aus Sojabohnen gewonnene Zusatzstoff Lecithin nicht gekennzeichnet werden, auch wenn es sich um genmanipulierte Bohnen handelte. Das wird sich nun mit der neuen Verordnung ändern. Künftig muss bei den Hinweisen auf der Verpackung in der Zutatenliste die Angabe „Aus gentechnisch verändertem Soja hergestellt“ mit aufgeführt werden.
Auch Umweltorganisationen begrüßen grundsätzlich, dass die EU-Kommission endlich aktiv geworden ist und die Kennzeichnungspflicht für genmanipulierte Lebensmittel ausgeweitet hat. Zufrieden sind sie allerdings nicht. „Dass immer noch eine große Anzahl von Gentech-Lebensmitteln ohne Kennzeichnung in den Handel gebracht werden darf, werden wir nicht hinnehmen“, sagte Benny Haerlin, der bei Greenpeace die internationale Gentech-Kampagne koordiniert.
Aus Genpflanzen gewonnenes Sojaöl oder auch Rapsöl kann weiterhin ohne Herkunftsnachweis verkauft werden. Ebenso der aus Genrüben gewonnene Zucker oder Süßmittel aus Maisstärke. Denn gekennzeichnet werden müssen nur die Produkte, die entweder noch gentechnisch verändertes Erbgut oder manipulierte Proteine enthalten. Sind diese Substanzen nicht mehr nachweisbar, entfällt die Kennzeichnungspflicht. „Wir fordern eine prozessorientierte Kennzeichung“, so Haerlin; „wenn während der Produktion der Lebensmittel gentechnische Methoden eingesetzt wurden“, so müsse das den Verbrauchern auch mitgeteilt werden.
Auch eine zweite Verordnung, die von der Kommission verabschiedet wurde, stößt bei Haerlin auf Kritik. Sie sieht vor, dass Lebensmittel aus Mais und Soja, die mit bis zu einem Prozent aus Gentechprodukten verunreinigt sind, nicht unter die Kennzeichnungsregelung fallen. „Dieser Wert könnte niedriger sein“, meint Haerlin.
Auch einer überwiegenden Mehrheit der Europapalamentarier gingen die neuen Kennzeichnungsregelungen nicht weit genug. In einer im Dezember mit 512 gegen 25 Stimmen angenommenen, von der grünen Fraktion eingebrachten Resolution wies das Parlament die Vorstellungen der Kommission zurück. Verändern konnte das Parlament jedoch nichts mehr, denn bei diesen Verordnungen hatte es nur eine beratende Funktion.
Die Differenzen zwischen Europaparlament und Kommission werden auch durch einen weiteren Beschluss deutlich. Während die Kommission unverändert auf die Wachstumsbranche Gentechnologie setzt, hat das Parlament Genfood erst einmal aus dem eigenen Hause verbannt. Nach Infomationen der Umweltorganisation Friends of the Earth hat es die Betreiber der hauseigenen Restaurants und Cafeterien verpflichtet, nur noch gentechnikfreie Ware anzubieten. Wolfgang Löhr
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