: Was lange währt, wird nicht immer endlich gut
Die seit anderthalb Jahren vakante Stelle des Polizeivizepräsidenten soll in Kürze wieder besetzt werden. Für den schon drei Mal ausgeschriebenen Posten gibt es nun vier Bewerber
Anderthalb Jahre war Berlin ohne Polizeivizepräsident. Nun soll der Posten nach drei Anläufen in den nächsten Wochen wieder besetzt werden. Nach taz-Informationen gibt es vier Bewerber. Namentlich bekannt ist nur einer: Oberstaatsanwalt Gerd Neubeck von der Staatsanwaltschaft Nürnberg. Die Sprecherin der Innenverwaltung wollte eine Zeitungsmeldung über Neubeck weder bestätigen noch dementieren. Der 48-Jährige leitet eine Abteilung für allgemeine Strafsachen und betätigt sich nebenbei als Bundessprecher des Technischen Hilfswerks. Bei den anderen handelt es sich nach taz-Informationen um einen Verwaltungsangestellten vom Bundesgrenzschutz, einen Kriminalbeamten von Europol und einen Mitarbeiter der Berliner Polizeiverwaltung. Insider wollen wissen, dass bereits eine Entscheidung für Neubeck gefallen sei.
Nachdem Polizeivizepräsident Dieter Schenk (SPD) im Sommer 1998 in den Ruhestand gegangen war und es seitdem im Führungsstab der Polizei keinen SPDler mehr gibt, wurde die Stelle dreimal ausgeschrieben. Beim ersten Anlauf hatte sich neben einem Bundeswehrbewerber der Chef der Landesschutzpolizei, Gernot Piestert, beworben – auf Drängen von Polizeipräsident Hagen Saberschinsky. Als der damalige Innenstaatssekretär Kuno Böse (CDU) erfolgreich Stimmung gegen Piestert gemacht hatte, der Bundeswehrkandidat seine Bewerbung zurückzog und der damalige Innensenator und Ex-General Jörg Schönbohm (CDU) nach Brandenburg ging, wurde die Ausschreibung abgebrochen. Beim zweiten Anlauf gab es drei Kandidaten, von denen jedoch keiner Innensenator Eckart Werthebach (CDU) gefiel.
Derzeit ist unklar, welche Aufgaben der Neue neben seinem Stellvertreterposten übernimmt. Schenk war auch Leiter des Landeskriminalamtes, seine beiden Vorgänger waren zudem Leiter der Polizeiverwaltung und der Polizeischule. In der Ausschreibung heißt es dazu: „Ständige Wahrnehmung der Aufgabengebiete Organisation, Haushalt, Personal, Technik, Versorgung, Werbung und Einstellung, Aus- und Fortbildung sowie Straßenverkehr“.
Der grüne Fraktionschef Wolfgang Wieland kritisiert nicht nur die Stellenbeschreibung: „Die ist ein Witz.“ Er kritisiert auch, dass die Stelle überhaupt wieder besetzt werden soll. „Das Fünfsäulenmodell der Polizei bricht zusammen, eine neue Polizeistruktur fehlt.“ Zudem sei mit der Ernennung des CDU-Abgeordneten Rüdiger Jakesch zum Innenstaatssekretär bereits „ein kleiner Polizeipräsident“ installiert worden. B. Bollwahn de Paez Casanova
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