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Letzte Ausfahrt zum Atomkonsens

Wenn Bundeskanzler Schröder heute mit den Atombossen zusammentrifft, geht es nur noch um die Frage Konsens oder Gesetz, hofft Umweltminister Trittin ■ Von Jürgen Voges

Hannover (taz) – Sieben Monate war Funkstille oder zumindest Verhandlungspause zwischen der Bundesregierung und den AKW-Betreibern. Am heutigen Freitag nun geht der Poker um ein Abschalten der 19 deutschen Atomreaktoren in eine neue Runde. Wie zuletzt am 22. Juni wird der Bundeskanzler am späten Nachmittag in Bonn die vier Vorstandvorsitzenden der großen Energieversorger treffen. In dem nur eineinhalbstündigen „Sondierungsgespräch“ will er zunächst erneut die grundsätzliche Bereitschaft der Betreiber ausloten, sich auf eine einvernehmliche Befristung der Betriebszeiten der Atommeiler einzulassen.

Immerhin haben sich diesmal Bundeskabinett und Berliner Koalition in der Ausstiegsfrage vorab auf eine gemeinsame Linie einigen können. Auf 30 Jahre ab Inbetriebnahme soll die Laufzeit aller 19 Reaktoren begrenzt werden, dabei ist für die beiden ältesten AKWs in Obrigheim und Stade eine dreijährige Übergangszeit bis zur Stilllegung vorgesehen. Dass eine solche Begrenzung ohne Entschädigung rechtlich statthaft ist, hat Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) noch einmal mit einem Gutachten untermauert. Im Auftrage seines Hauses haben das Wuppertal- und das Öko-Institut alle Bau- und Nachrüstungsinvestitionen der deutschen AKWs unter die Lupe genommen. Auch bei erst kürzlich nachgerüsteten Reaktoren sei eine gesetzliche Begrenzung der Betriebszeit auf 30 Jahre kein Eingriff in Eigentumsrechte, sagte der Minister am Mittwochabend in Hannover.

Spielraum sieht er dabei keinen mehr: „Wenn man etwas auch ohne Zustimmung der Partner durchsetzen kann, muss man es nicht zum Gegenstand von Verhandlungen machen“, betonte er mehrfach. Für sich und seine Partei kann er dabei nur hoffen, dass der Bundeskanzler sich von dem Prostestgeschrei der Betreiber nicht beeindrucken lässt. „Ich kenne Gerhard Schröder aus anderen Zusammenhängen als beinharten Verhandler“, sagte er.

Ob mit oder ohne Konsens will die Bundesregierung spätestens bis zum grünen Atomparteitag im März den Entwurf eines Ausstiegsgesetzes samt der 30-Jahres-Grenze vorlegen. Ein Teil der AKW-Betreiber neigt nach Trittins Ansicht dazu, sich lieber kontrolliert durch ein Gesetz zur Laufzeitbegrenzung zwingen zu lassen.

Politisches Ziel der Konsensverhandlungen ist für Trittin, durch eine Flexibilisierung der Laufzeitgrenze ein Abschalten von Reaktoren noch vor der nächsten Bundestagswahl zu erreichen. Besonders rentable Reaktoren könnten dann länger als 30 Jahre am Netz bleiben, im Gegenzug müssten andere Atommeiler umgehend stillgelegt werden – etwa solche, bei denen umfangreiche Nachrüstungen anstehen.

Schon am kommenden Sonntag wird Trittins Atomauslaufmodell auf einem Sonderparteitag der niedersächsischen Grünen zur Debatte stehen. Der heimische Landesverband des Ministers interessiert sich dabei besonders für die Zukunft der niedersächsischen Atommüllanlagen. Das oftmals angekündigte Moratorium für das Endlager Gorleben soll nach Angaben Trittins spätestens im März erlassen werden. Über das Genehmigungsverfahren für das Endlager Schacht Konrad will er mit den Energieversorgern verhandeln. Bei dem Endlager in Salzgitter sei eine Aussetzung des Planfeststellungsverfahrens am besten. Nur im Konsens könne man regeln, wer die weiteren Kosten einer Offenhaltung des Schachtes trage.

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