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Witze über der Gürtellinie

■ Mit seinem Kabarettprogramm „Tauchen“ im Mon Marthe will der Ex-Pädagoge Uli Masuth das Publikum zum Denken anregen

Kinder können grausam sein. Das wissen Eltern, das wissen aber vor allem Lehrer. Wer als frisch examinierter Pädagoge den friedlichen Uni-Alltag voller Weltverbesserungsdrang und festen Moral- und Ethikvorstellungen verlässt, der glaubt schon kurze Zeit später nicht mehr an sein semesterlang vertretenes Credo: Die Welt liegt in Kinderhänden. Nein. Denn die kleinen Zukunftsträger besitzen oft fundierte Karatekenntnisse und wissen, wie man Schwarzpulverbömbchen in Lehrertaschen explodieren lässt. Zum derart erschwerten Überlebenskampf sah sich der Deutsch- und Musiklehrer Uli Masuth nach sechs Monaten nicht mehr in der Lage. Er verließ den Rotzgörenbetrieb und wurde 1998 Kabarettist.

Mit seinem ersten Soloprogramm Tauchen unterrichtet der Pianist und Parodist in gesellschaftskritischer Mission nun sein erwachsenes Pub-likum im Kabarett Mon Marthe. Dass es dem sensiblen Familienvater nicht „um Witze unter der Gürtellinie abwärts“ geht, klärt der Jungkomiker das am Mittwoch abend vier Mann umfassende Publikum schon vor Beginn der Vorstellung auf. Seine Abgrenzung von handelsüblicher Comedy demonst-riert er denn auch in den Charakteren, die er spielt: Da ist die frustrierte Dame, die nur ihren Pudel liebt und über Ausländer und Krampfadern lästert, oder ein köllscher Komponist mit Machoallüren, der auf seiner Bontempi-Orgel Hits für Howard Carpendale schreibt.

Masuth weiß, dass der Mensch die zähe Auseinandersetzung mit sich und seiner Umwelt hasst und lieber „abtaucht“ in die Scheinwelten der Fernsehunterhaltung. Mit subtiler Gesellschaftssatire versucht Masuth heutigen Medienkonsumenten neue Denkanstöße zu liefern. Was in seiner Persiflage auf bestimmte Typen fehlt, ist allerdings der inszenatorische Witz, das Temperament und die Ernsthaftigkeit. Zu häufig wurde der Frust der Wechseljahre, verkannte Genialität oder mangelnde Nächstenliebe pointiert.

Allein die Figur des ewig unzufriedenen Lehrers, der über Sozialhilfeempfänger, Massentourismus und die Arbeitslosenquote lamentiert, verkörperte der Mann aus dem Ruhrpott überzeugend zynisch – in Abrechnung mit seiner eigenen Vergangenheit. Andin Tegen

noch bis Sa, 12. 2., 20.30 Uhr, Mon Marthe, Tarpenbekstr. 65

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