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■ PortraitPragmatischer Sozialweiser

„Es kann nicht sein, dass man alle Kosten der Alterung auf die Jungen abschiebt“, kritisierte Bert Rürup in einem taz-Interview das derzeitige Rentensystem. Deshalb setzt sich der Experte für eine Mischform aus bedarfsgeprüfter staatlicher Mindestsicherung und privaten Ersparnissen ein.

Rürup machte bislang vor allem als Politikberater zur Alterssicherung von sich reden. Das SPD-Mitglied gilt als Urheber des demographischen Faktors – also der Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung – in der Rentenformel: Weil die Zahl der Rentner im Verhältnis zu den Beschäftigten steigt, sollen die Bezüge sinken.

Jetzt ist der gebürtige Essener zum Mitglied im Sachverständigenrat der „Wirtschaftsweisen“ berufen worden. Der 56-jährige Professor für Finanzwissenschaft an der Technischen Universität Darmstadt löst dort den Vorsitzenden Herbert Hax ab.

Rürup, seit 1992 Mitglied der Rentenkommission, hat sich bereits mehrfach vom Konzept des Arbeitsministers distanziert: Riesters Vorschlag, den Anstieg der Renten zwei Jahre lang auf den Inflationsausgleich zu beschränken, hält er für nicht ausreichend. Die Rente ab 60 bezeichnet er als „Irrweg“.

Anders als bei den vier anderen Wirtschaftsweisen ist es schwer, Rürup einem bestimmten Lager zu zuordnen: Was er vertritt, ist weder rein keynesianisch noch wirklich neoliberal. Das Handelsblatt nennt ihn einen „ausgeprägten Pragmatiker“, andere halten ihn schlicht für „elastisch“.

Nach seinem Studium der Volkswirtschaft in Hamburg und Köln lehrte Rürup mit 32 Jahren als Professor an der Uni Göttingen. Er arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kanzleramt unter Helmut Schmidt, beriet die Europäische Gemeinschaft zur „Sozialpolitik bei geringem Wirtschaftswachstum“ und half nach der Wende beim Aufbau von VWL-Lehrstühlen in Leipzig.

„Elastisch und pragmatisch“ tat er, was gerade anstand: So beriet er von 1993 bis 1995 die Regierung von Kasachstan in Sachen Geldpolitik, danach die österreichische bei ihrer Rentenpolitik. Über Parteizugehörigkeiten setzt Rürup sich hinweg: Nach seiner Mitarbeit unter der sozialliberalen Koalition wurde er erst ein geschätzter Berater von Ex-Arbeitminister Norbert Blüm, dann von dessen Nachfolger Walter Riester. Nun hat er die Chance, die Sozialpolitik auch auf höchster Beraterebene hoffähig zu machen.

Katharina Koufen

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