: Nie wieder Cash aus Liechtenstein
Hessische Grüne wollen Parteiengesetz novellieren. Politiker sollen persönlich haften. Bei Verstößen schrumpfen die Diäten
Frankfurt/Main (taz) – Keine Konten auf den Bahamas, keine mehr in Liechtenstein. Die gläserne Parteikasse darf nur in EU-Ländern klingeln, Mandatsträger und Regierungsmitglieder haften persönlich. Verstöße gegen das Parteiengesetz werden mit dem Entzug des Amtes, des passiven Wahlrechts für mindestens fünf Jahre und Streichung der Diäten sanktioniert.
So stellte sich gestern Vormittag in einer Pressekonferenz der Landesvorstandsprecher der hessischen Grünen, Hartmut Bäumer, eine Novellierung des Parteiengesetzes vor. Regierungspräsident a. D. Bäumer hatte sich dazu mit dem Verfassungsrechtler Günter Frankenberg zusammengetan. Beide Juristen betonten, dass sie mit ihrem Gesetzesentwurf nur einen ersten Anstoß zum gesellschaftlichen Diskurs geben wollten. Den hatte in den vergangenen Tages nicht nur Bundespräsident Johannes Rau angeregt, der eine bessere Kontrolle der Parteienfinanzierung forderte. Auch andere Bundespolitiker steuerten immer wieder mehr oder minder originelle Vorschläge bei. So plädierte die Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) für den „gläsernen Abgeordneten“, schlug Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) die Trennung von Amt und Mandat vor und verlangte der grüne Schatzmeister Dietmar Strehl die Offenlegung von Einkünften aus Nebentätigkeiten. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering misstraute Gesetzesänderungen. Die CDU-Affäre sei der Beweis, dass „kriminelle Energie“ damit nicht einzudämmen sei.
So sahen das gestern auch die beiden Frankfurter Rechtsexperten. Frankenberg betonte, ihr Entwurf sei „kein Heilsplan“ und deshalb „nicht scharf, sondern eher moderat“. Verstöße gegen Gesetze ließen sich nun einmal nicht durch deren Verschärfung unterbinden. Deshalb hätten sie auch, außer für passive Abgeordnetenbestechung, auf strafrechtliche Sanktionen verzichtet. Sie schlagen die Offenlegung aller Konten vor. „Sonstige Einnahmen“ dürfe es nicht mehr geben. Spenden sollen zwar nicht verboten werden, Spender dürften aber nicht mehr als 40.000 pro Jahr geben und müssten ab 3.000 Mark namentlich genannt werden. Geld von Organisationen des öffentlichen Rechts oder solchen mit staatlicher Beteiligung – zum Beispiel Stadtwerken oder Landesbanken – dürfe gar nicht mehr angenommen werden. Wirtschaftsprüfer sollten Parteivermögen nur noch vier Jahre lang verwalten dürfen. Die Amtszeit des Bundeskanzlers solle auf zwei Legislaturperioden begrenzt werden. Oberste Kontrollbehörde soll der Bundesrechnungshof sein. Da es gelte, die Verfassung zu schützen, müsse dann das Bundesverfassungsgericht die Strafen verhängen.
Das, so Bäumer und Frankenberg, entlaste den bisher zuständigen Bundestagspräsidenten, der schließlich „auch Parteimitglied“ und damit nicht unabhängig sei. Der Entwurf, so Frankenberg und Bäumer, solle weder ein hessischer Alleingang noch ein Schnellschuss sein. Er sei mit Landes- und Bundespartei abgesprochen. In Berlin allerdings sollen erst einmal die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses abgewartet werden, um auch neue Erkenntnisse einarbeiten zu können. „Hätten wir schon ein solches Gesetz“, so Bäumer, „dann hätte Ministerpräsident Koch gehen müssen.“
Heide Platen
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