piwik no script img

SchnittplatzEs galt dasgesungene Wort

„Wider den tierischen Ernst“, So., 20.15 Uhr, ARD

Namenswitze platter als jede Flunder sind seit jeher das Salz in der Suppe jecker Lustigkeiten. Insofern ist es Programm, dass die Sprecherin des Aachener Karnevalsvereins einen hoch verpflichtenden Namen führt: Ursula Herrling-Tusch heißt sie, aber gestern war ihr nicht nach Fröhlichkeit zumute. „Ja, die Enttäuschung ist da“, gibt sie zu. Nur 6,43 Millionen ZuschauerInnen (Quote 19,9 Prozent), fast eine Million weniger als im Vorjahr, hatten am Sonntag die Ordensverleihung an Ritter Edmund I. Stoiber ertragen wollen. Und dann noch die Sendestörung mittendrin. Gar nicht komisch. Noch humorloser: Die Ritterrede war um mehrere Minuten gekürzt worden. Weggeschnibbelt aus der Samstagsveranstaltung waren vor allem Stoibersche Sangesversuche in Bay-Dur. Die MP-Kollegen Erwin Teufel und Heide Simonis hatte er kess anmoderiert, um dann in einer Art bajuwarischer Polonaise Blankenese loszujodeln: „Wir ziehen ein mit ganz langen Schritten, und Erwin fasst der Heide von hinten an die ... Schultern.“ Ja, man kennt das. Aber mit diesen politischen Anzüglichkeiten!

War des a Gaudi g’wesen, hatte da der Saal in Aachen getobt. Humorissimo! Im Fernsehen nichts davon. Zensiert. Stoibers fraktionsfrecher „Kohl-Lateralschaden“ – weggeschnibbelt. Wie Heide Simonis in der US-Botschaft fensterln wollte – verklemmt rausoperiert. Wie Schelm Stoiber der Simonis „Erholungsurlaub in die Schweiz“ empfahl und als Stoiberotti anhob: „Heide, Heide, Deine Welt sind die Berr-herr-gee.“ Ja, ein CSUler entlarvt die Sozi-Konkurrentin eine Woche vor der Nord-Wahl und der Rotfunk aus Köln versucht plump, zu retten. „Ach, etwas kürzen ist üblich“, wiegelt Herrling-Tusch ab. Sogar in der Ritterrede? – „Auch das hatten wir schon.“

Dabei: Keine 15 Minuten war das Original zu lang. Und ausgerechnet bei der Hauptperson Hand anlegen? Mit Stoiber komplett hätte es sicher Rekordquoten gegeben. Bernd Müllender

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen