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KFOR demonstriert Geschlossenheit

US-Soldaten dürfen wieder in den serbischen Norden der geteilten Stadt Mitrovica im Kosovo. Diskussion um Teilung

Genf (taz) – Die in Mitrovica stationierten Nato-geführten Truppen der KFOR mühten sich gestern, dem Eindruck entgegenzuwirken, ihre verschiedenen nationalen Kontingente – insbesondere die Franzosen und die US-Amerikaner – hätten Sympathien mit der serbischen bzw. der albanischen Konfliktpartei, fühlten sich nur für einen Teil der Stadt verantwortlich und verfolgten gegensätzliche Ziele im Kosovo. So beteiligten sich gestern früh 300 US-amerikanische KFOR-Soldaten in voller Kampfausrüstung zusammen mit Einheiten aus Großbritannien und anderen Nato-Staaten an einer Razzia in serbisch bewohnten Vierteln im Norden Mitrovicas. Gesucht wurden illegale Waffen. Die KFOR habe mit dieser Aktion ihre Entschlossenheit deutlich machen wollen, überall in Mitrovica hingehen zu können, erklärte KFOR-Sprecher Oberstleutnant Michael Ellerbe.

Zuvor war verschiedentlich berichtet worden, die US-Truppen seien seit den Zwischenfällen vom letzten Sonntag auf die Patrouille einer von Albanern und Bosniaken bewohnten Enklave im Nordteil beschränkt. Am Sonntag hatten US-amerikanische und deutsche KFOR-Truppen eine Razzia in Norden der Stadt unter einem Hagel von Steinen aufgebrachter Serben abbrechen müssen. Französische KFOR-Truppen sahen aus Sympathie mit der serbischen Seite tatenlos zu. Die französischen KFOR-Verbände, so wurde daraufhin berichtet, seien durch ihr zögerliches Verhalten zu Beginn der KFOR-Stationierung im Juni 1999 dafür verantwortlich, dass es überhaupt zur Teilung Mitrovicas gekommen sei, und sie seien an der Aufrechterhaltung dieser Teilung interessiert. Gegen ihnen bekannte serbische Scharfschützenstellungen im Norden Mitrovicas hätten die Franzosen nichts unternommen, stattdessen leisteten sie den Serben sogar logistische Hilfe. In den Berichten wurden namentlich nicht genannte US-amerikanische KFOR-Offiziere mit erbosten Äußerungen über die Franzosen zitiert.

Diesen Berichten wird im Brüsseler Hauptquartier der Nato entschieden widersprochen. Die Äußerungen einzelner US-Offiziere seien „nicht repräsentativ“ für die Haltung des US-amerikanischen KFOR-Kommandos. Die Franzosen hätten angesichts des engen, regelmäßigen Informationsaustauschs zwischen den Kommandeuren sämtlicher nationalen KFOR-Kontingente und der täglichen Abstimmung über alle logistischen und militärischen Details gar keine Möglichkeit, an den KFOR-Verbänden anderer Staaten vorbei eine eigenständige, auf eine Teilung des Kosovo zielende Politik zu betreiben.

Das französische KFOR-Kommando bekräftigte zugleich die Absicht, allen aus dem Norden Mitrovicas vertriebenen und geflohenen AlbanerInnen die Rückkehr in ihre Wohnhäuser zu ermöglichen. Dasselbe gelte umgekehrt für alle früher im Süden der Stadt lebenden SerbInnen. Allerdings wachsen die Zweifel an der Möglichkeit, diese Ziele zu verwirklichen. Angesichts der anhaltenden Gewalttätigkeiten mehren sich unterdessen die Stimmen, die für eine – zumindest vorläufige – Institutionalisierung der Teilung der Stadt plädieren.

Bereits vor einigen Tagen hatte der Chef der zivilen UNO-Verwaltung des Kosovo (Unmik), der Franzose Bernhard Kouchner, öffentlich in Frage gestellt, ob sein offizieller Auftrag der Wiederhestellung eines multiethnisch bewohnten Kosovo nicht revidiert werden müsse. Ähnlich äußerte sich am Mittwoch der ehemalige Bosnien-Beauftragte der EU, Hans Koschnick. Auf Grund seiner Erfahrung in der zwischen Muslimen und Kroaten geteilten Stadt Mostar in Bosnien-Herzegowina befürworte er eine „vorläufige Teilung“ von Mitrovica, „damit die Leute nicht übereinander herfallen“. Die internationale Gemeinschaft brauche Geduld und müsse mindestens fünf bis sechs Jahre für die Friedenssicherung einkalkulieren. Andreas Zumach

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