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„Erfolglosigkeit der Sanierung“

■ Rudolf Hickel in der taz-Debatte über Sanierungs-Chancen: Auch wenn die Sanierung scheitert - das ISP ist ohne Alternative

Ausgangspunkt der Debatte, die die taz in großer Verantwortung um die Zukunft des Stadtstaats ermöglicht hat, war die Frage: Kann das knapp einen Prozentpunkt niedrigere Wirtschaftswachstum in Bremen gegenüber dem Durchschnitt der anderen Bundesländer als ein Misserfolg der Wirtschaftspolitik gedeutet werden? Ich habe versucht, deutlich zu machen, dass dies so einfach nicht möglich ist. Mir geht es darum zu zeigen, dass einige Projekte des Investitionssonderprogramms (ISP) in die Richtung sozial-ökologischer Zukunftsfähigkeit gehen.

Horst-Werner Franke hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Er unterscheidet scharf zwischen dem Projekt Sanierung der öffentlichen Haushalte des Landes Bremen einerseits und Aussagen zum wirtschaftlichen Strukturwandel in der Stadt Bremen andererseits. Seine bittere Analyse der Erfolglosigkeit der Haushaltssanierung teile ich. (...)

Ich habe immer die großspurigen Verheißungen zur Rettung der bremischen Staatsfinanzen kritisiert. Da wird mit brutalen Folgen für die soziale Lage der Menschen, die Kultur und Bildung und ohne Aussicht auf Erfolg brutal gespart. Mit den alten Instrumenten des Finanzausgleichs – und ohne Sanierungshilfen – ist Bremen finanziell nicht zu retten. Die Grundlagen der gesamten Finanzverfassung müssen geändert werden. Es ist doch unbestritten, dass von den Steuern, die im Land Bremen (originär) eingenommen werden, nach mehreren Stufen einer komplizierten Umverteilung im Bundesstaat viel zu wenig übrig bleibt.

Dennoch, die Hände in den Schoß zu legen und rechthaberischen Zynismus über den „Bremer Gau“ zu verbreiten, das kann nicht die Schlussfolgerung sein. Trotz – vielleicht auch zum Abbau – der Risiken, eine zielorientierte Politik zur Stärkung der Bremischen Wirtschaftsstruktur durchzusetzen, ist die Aufgabe. In der Tat, sollte die Selbstständigkeit des Landes verloren gehen, dann stehen die Städte Bremen und Bremerhaven infrastrukturell und wirtschaftlich gut da.

Bei der Auseinandersetzung mit Hans-Jürgen Kröger von der Arbeiterkammer (taz vom 26./27.2.) tue ich mich schwer. Er unterbreitet Vorwürfe, die schlicht unfair sind, und auf Denunziation zielen. Nach dem Motto: Wer die Wirtschaftspolitik des Bremer Senats nur mit einem Halbsatz lobt, der geht den Pakt mit dem Teufel ein. Lieber Toni, ich bin nicht der Pressesprecher des Bremer Senats, weil ich meine wissenschaftliche Unabhängigkeit genieße. Es gibt keine Alternative zum ISP, aber soziale, ökologische und kulturelle Projekte müssen in den Vordergrund gerückt werden.

Ich habe immer gesagt und ausführlich geschrieben: Den durch die Sanierungshilfen gewonnenen finanziellen Spielraum müssen wir für die sozial-ökologische Wirtschaftskraft nutzen. Und dafür steht das Investitionssonderprogramm. Die Forderung von Bündnis –90/Die Grünen, lieber die Staatsverschuldung massiv abzubauen, ist untauglich, denn am Ende hätten wir nichts für die Verbesserung der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse getan.

Mein kritischer Blick richtet sich auf die Schwerpunk-te der öffentlich angeschobenen Investitionspro-jekte. Hier müssen die Ziele wissensorientiert, sozial, ökologisch und kulturell ausgerichtet werden. Und da gibt es Projekte des Senats, die zur Zukunftsfähigkeit beitragen. Ich nenne nochmals die Nutzung der Produktivkraft Universität für die Gründung wissensorientierter Unternehmen sowie den Gewerbekomplex mit dem Flughafen im Zentrum. Es gibt aber auch Projekte, die ich mangels Zukunftsfähigkeit massiv öffentlich kritisiert habe. Hans-Jürgen Kröger scheint mein persönlicher Einsatz zusammen mit einer Bürgerinitiative gegen die künftige Nutzung des Haaven-Hövt in Vegesack entgangen zu sein.

3. Sozialkapital im Sinne der Stärkung lokaler Netze, Humankapitals und Ausbau des kulturellen Standorts Bremen müssen Schwerpunkte des ISP werden. Wenn die Kultur einer Stadt stirbt, dann verliert sie auch das Engagement ihrer BürgerInnen und damit die humane Basis für Wirtschaftsentwicklung.

4. Meine Feststellung, dass Abweichungen vom Wirtschaftswachstum Bremens gegenüber dem Bundesdurchschnitt nicht den positiven Strukturwandel widerspiegeln, kann Hans-Jürgen Kröger nicht erkennen. Deshalb der Hinweis: Der vergleichsweise niedrigere Zuwachs der Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe schlägt stärker durch, als höhere Zuwachsraten im Dienstleistungssektor, weil der erste Sektor einen erheblich höheren Anteil an der Gesamtproduktion hat. Gerade in Bremen verdecken konjunkturelle Einflüsse die immer noch zu geringen Effekte des Strukturwandels. Human- und Sozialkapital sind im internationalen Vergleich wachstumsbestimmend.

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