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Neue Uni in Grohn ist staatlich finanziert

■ Mit der International University Bremen entsteht eine staatliche Universität: Nicht, was die Zugangsmöglich-keiten, wohl aber, was die Finanzierung angeht / Mit 230 Millionen Mark Aufbauhilfe vom Land ist es nicht getan

Steckt die Geld-Sammelaktion der International University Bremen (IUB) in der Krise? Eines der bestgehüteten Geheimnisse der Privatuni-Leitung ist seit Monaten, wieviel der anvisierten 500 Millionen Mark Stiftungskapital bisher zusammengekommen ist. Erst im Herbst nächsten Jahres muss die IUB den Stand ihrer Sammelaktion dem Senat mitteilen – eine regelmäßige Kontrolle im Zweijahres-Rythmus bat sich der Senat als Bedingung dafür aus, dass das Land Bremen 230 Millionen Mark der Steuerzahler für die Aufbauphase der zukünftigen Elite-Schmiede locker macht.

Erstmals ist jetzt einer der Spender an die Öffentlichkeit getreten: Die Bremer Landesbank hat eine Stiftung eingerichtet und vorerst fünf Millionen Mark eingezahlt – perspektivisch soll der Topf gar auf zehn Millionen Mark aufgestockt werden. Über das Geld kann die IUB verfügen. Doch die von der Bank gesuchte Öffentlichkeit kann auch als Krisensymptom des IUB-Fundraising gedeutet werden: Mit der Landesbank hat sich ein veritables Zugpferd der IUB empfohlen, damit endlich weitere große Fische nachziehen. Der Vorstandsvorsitzende der Bremer Landesbank, Peter Haßkamp, sitzt auch im Aufsichtsrat der IUB.

Die einzige Information, die es über den Stand des Fundraising gibt, stammt aus dem Mund von Bürgermeister Henning Scherf (SPD). Auf einer Pressekonferenz im August 1999 behauptete Scherf, es sei bereits „mehr als die Hälfte“ der angepeilten 500 Millionen Mark gesammelt (die taz berichtete). Dreiste Lüge oder schlicht Desinformation – jedenfalls will IUB-Präsident Fritz Schaumann die genannte Zahl bis heute nicht bestätigen. Hermann Kuhn, Bürger-schaftsabgeordneter der Günen und eigentlich der Entwicklung in Grohn wohlwollend gegenüberstehend, findet es denn auch „wenig klug, wenn der Bürgermeister solche Zahlen in die Welt pustet“. Und auch, dass die Landesbank ihre großzügige Spende öffentlich macht, findet er „verwunderlich“. Dieses Verhalten lade „zu Spekulationen geradezu ein“.

Hätte Scherf mit seiner Zwischenbilanz recht gehabt, wäre das eine Erfolgsmeldung ersten Ranges gewesen. Denn noch im Mai 1999 wurde der Wissenschaftsdeputation die Vorlage 040/99-L zur Kenntnis gebracht, Thema: „Finanzierung der International University Bremen und des Wissenschaftsstandortes Bremen-Grohn“. Klipp und klar wird der Zeitplan des Fundraising angegeben: Bei der ersten Überprüfung im Herbst 2001 sind nur 100 Millionen angepeilt. Im Jahr 2003 sollen 200 Millionen zusammen sein, ein Jahr später 300 Millionen. Die Kosten des Fundraising werden bis dahin auf mindestens 30 Millionen Mark geschätzt. Von den Kapitalerträgen der eines Tages zusammengesammelten 500 Millionen Mark will die Universität den Großteil ihrer Betriebskosten bezahlen.

Doch auch bei den erwarteten Kapitalerträgen deutet sich an, dass das Fundraising nicht besonders läuft. Im Mai wurden die geschätzten jährlichen Betriebskosten für die neue Universität noch mit 55 Millionen Mark angegeben – so steht es in der Vorlage für die Bürgerschaftsabgeordneten. Gedeckt werden sollte das duch Studiengebühren (neun Millionen Mark), Forschungsdrittmittel (10 Millionen) und aus Vermögen und Spenden (36 Millionen).

In einer neuen Vorlage zum gleichen Thema sind ganz andere Zahlen zu lesen: Das Papier L 32 für die Wissenschaft-Deputierten geht am 11. Februar 2000 nur noch von jährlichen Betriebskosten von 45 bis 50 Millionen aus. Gedeckt werden soll das nunmehr durch Studiengebühren (10 Millionen), aus Forschungsdritmitteln (10 Millionen) und aus Vermögen und Spenden (nur noch 30 Millionen). Warum ist der Betrieb billiger geworden – ist weniger Ertrag aus Vermögen absehbar?

Einer der wenigen übriggebliebenen Fundametalkritiker der International University Bremen ist der Jungsozialist Thomas Ehmke. „Die Befürchtung scheint sich zu bestätigen, dass das ein Millionengrab für öffentlichen Gelder wird“, sagt er. Er fürchtet vor allem eines: Dass die IUB von Bremen weiteres Geld haben will, wenn nicht alles läuft wie es soll. Bremen, so Ehmkes Bedenken, könnte sich einem solchen Ansinnen nur schwer verweigern – die IUB ist längst zum lokapolitisch wichtigen Renommierprojekt geworden. Bremens Politiker hätten einen „zwanghaften Drang, sich modern zu geben“, böten dabei aber nicht wirklich neue Ideen.

Dem Argument, dass hier mit staatlichen Geldern eine Bildungsstätte für eine geistige Elite gebaut wird, begegnet man schon längst nur noch mit einer Igittigitt-Haltung. „Mit dem Prestigeobjekt beginnt keine Sanierung in Fläche und Breite“, argumentiert Ehmke, „sondern das Projekt kommt nur einigen Wenigen zu gute“.

Dabei sind die 230 Millionen Mark Aufbauhilfe längst nicht das gesamte Steuer-Geld, welches in die Privat-Universität mit später 1.200 Studierenden gesteckt wird. Dem Wissenschaftsrat liegt ein Antrag vor, in dem die IUB um Aufnahme in das Hochschul-Bau-Förder-Progamm bittet. Bei Bautätigkeiten an deutschen Hochschulen zahlt der Bund rund 50 Prozent der Kosten, das Bundesland den andern Teil. 69 der bis zum Jahr 2004 insgesamt veranschlagten 191 Millionen Mark für den Aufbau der IUB sollen aus dem Hochschulbau-Förderprogramm des Bundes bezahlt werden.

Oder nehmen wir das 30 Hektar-Gelände der Roland-Kaserne, auf dem jetzt nach und nach die IUB einzieht: Die IUB kaufte dem Bund das Gelände für schlappe 17 Millionen Mark ab. Der geschätzte Verkehrswert allerdings lag bei 34 Millionen. Grund für den Preisnachlass: „Der Bund gewährt für Kasernengrundstücke, die einer Hochschulnutzung für Gemeinbedarfszwecke zugeführt werden, einen 50 prozentigen Kaufnachlass“. Gemeinbedarfszwecke?

Auch EU-Fördertöpfe sollen für die Kaderschmiede angezapft werden. Privatwirtschaftlich organisiertes Beiprodukt der IUB soll der angegliederte „Science Park“ werden. Weil Bremen-Nord in einem der Fördergebiete für das Ziel-zwei-Programm liegt (“von rückläufiger industrieller Entwicklung schwer betroffene Gebiete“), kann für den „Science Park“ munter Europa-Geld beantragt werden. Vorgesehen ist, den „Science Park“ durch das Ziel-zwei-Unterprogramm „Stärkung des Dienstleistungssektors“ fördern zu lassen. Wieviele Millionen von der EU beantragt werden, ist derzeit noch nicht klar. Für den Frühsommer wird mit den Planungen gerechnet.

Doch damit nicht genug. Rund zehn Millionen Mark will die IUB aus Forschungsdrittmitteln pro Jahr einnehmen. Ein Teil davon wird aus den Töpfen der staatlichen Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) kommen – und kann somit nicht mehr an die staatlichen Universitäten verteilt werden. Wieviel das sein wird, hängt auch vom Niveau der Forschung ab, dass in Grohn erreicht wird.

Auf ein weiteres Einfallstor für staatliche Nachfinanzierung weist der Grüne Hermann Kuhn hin: So habe das Land Bremen angedeutet, sich später an nötigen Stipendien für die IUB zu beteiligen. Nur die Hälfte der Studierenden werden die Studiengebühren von vermutlich rund 20.000 Mark im Jahr bezahlen, steht in einer Vorlage für die Wissenschaftsdeputation. Dennoch rechnet die IUB mit Einnahmen aus diesem Bereich von rund 10 Millionen Mark jährlich (siehe oben; inzwischen rechnet man auch mit einer Million Mark mehr Einnahmen aus Studiengebühren als vor neun Monaten). Kuhns Warnung, solche Stipendien könnten als indirekte Finanzierung aus Landesmitteln verstanden werden, sei in den Ausschüssen „schmunzelnd“ zur Kenntnis genommen worden – weil man sich womöglich durchschaut fühlte.

Christoph Dowe

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