: Der wahre Werthebach
Morgen soll eine Sondersitzung des Verfassungsschutzausschusses die Zusammenarbeit vonVerfassungsschützern und Stasi klären. Und der Innensenator soll Rede und Antwort stehenvon BARBARA JUNGE
Morgen wollen Grüne und SPD von Innensenator Eckart Werthebach (CDU) die Wahrheit wissen. Die Geheimdienstexperten aller Parteien treten dann zu einer Sondersitzung des Verfassungsschutzausschusses im Parlament zusammen, um zu klären, wie lange das Landesamt für Verfassungsschutz noch ehemalige Stasi-Spitzel in seinen Diensten hatte. Und ob der Innensenator die ParlamentarierInnen in dieser Frage belogen hat.
Letzte Woche war bekannt geworden, dass das Amt noch bis in den Herbst vergangenen Jahres mit einem früheren hauptamtlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR zusammengearbeitet hatte. Dieser war auf den linken Rand der PDS und speziell die Kommunistische Plattform angesetzt gewesen. In einer Information an die Ausschussmitglieder im Juni hatte jedoch der damalige Innenstaatssekretär Kuno Böse in Übereinstimmung mit dem Innensenator versichert, man arbeite nicht mehr mit Stasi-Leuten zusammen.
Der CDU-Verfassungsschutzexperte Joachim Bohm erklärte gestern, der unter dem Decknamen „Förster“ geführte ehemalige Stasi-Offizier sei nur bis Juni 99 für das LfV tätig gewesen sein. Danach habe es keine weiteren operativen Treffen, sondern lediglich so genannte Nachsorgetreffen gegeben. Dies hat auch die Innenverwaltung betont.
Dagegen hieß es in der vergangenen Woche, das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz habe zwar seine Zusammenarbeit mit dem Informanten eingestellt, jedoch versucht, ihn über das thüringische Landesamt weiter zu nutzen. Noch bis vor kurzem habe die höchste Berliner Verfassungsschutzebene den Informanten abgeschöpft.
Die Verfassungsschutzexpertin der Grünen, Renate Künast, betonte gestern, man werde nun morgen die gleichen Fragen wie im vergangenen Juni stellen: wieviele ehemalige Stasi-Leute waren oder sind gar im Dienste des LfV, in welchen Bereichen waren diese eingesetzt und in welchem Zeitraum? Und dieses Jahr, so Künast, erhoffe man sich eine korrekte Antwort.
Neben dieser Frage wird aber auch der angeblich versuchte Deal mit Thüringen Zündstoff liefern. Künast sagte gestern: „Dieser Umgehungsversuch ist eine dreiste Trickserei am Parlament vorbei.“
Die CDU sorgt sich dagegen weit mehr um das Amt selbst. Bohm sagte gestern, die an die Öffentlichkeit gesickerten Vorgänge bedeuteten einen großen Vertrauensverlust für den Berliner Verfassungsschutz.
Auch die PDS-Landesvorsitzende Petra Pau warf Innensenator Werthebach und dem noch amtierenden Verfassungsschutzchef Eduard Vermander nun vor, sie hätten „gelogen“, als sie im Juni erklärten, es gebe keine Zusammenarbeit mit ehemaligen MfSlern mehr. Unterdessen erklärte die PDS auch, sie habe „Förster“ identifiziert, er sei inzwischen PDS-Mitglied im Kreis Oberhavel. Die PDS will ihn jetzt aus der Partei ausschließen.
Zitat:STASI-SPITZEL BEIM VSDiesmal bitte korrekt antworten: Wie viele, wo, wer und wann?
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