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■ H.G. HolleinSieben Kräuter

Die Frau, mit der ich lebe, hat eine Mutter. Das macht an sich nichts. Die beiden wissen sich schließlich sehr gut zu unterhalten. Wenn auch nur über ein Thema. Und das sind die Zutaten von etwas, das sie „Grie Soß“ nennen, mithin Frankfurter Grüne Sauce. Das beginnt ungefähr so: Mutter: „Was gehört noch mal alles dazu?“ Tochter: „Warte mal ... Pimpinelle, Boretsch, Sauerampfer ...“ Pause. Mutter: „Sieben sind's.“ Tochter: „Ja, Moment. Pimpinelle, Boretsch, Liebstö-ckel ...“ Mutter: „Liebstöckel kann, muss aber nicht.“ Tochter: „Also, Sauerampfer, Pimpinelle, Boretsch ...“ Mutter: „Kerbel!“ Tochter: „Na klar, Kerbel. Kerbel muss unbedingt rein.“ Mutter: „Wieviele hatten wir jetzt?“ Tochter: „Drei. Nee, vier.“ Mutter: „Ich hab's neulich auch mal mit vieren gemacht. Ging auch.“ Tochter: „Aber zu 'ner richtigen grünen Soße gehören nun mal sieben. Hat schon der alte Goethe gewusst. Und der war Frankfurter.“ Mutter: „Ja, ich muss nur mal eben überlegen ... Also, wir hatten Boretsch, Sauerampfer, Schnittlauch ...“ Tochter: „Schnittlauch hatten wir noch nicht.“ Mutter: „Schnittlauch ... Zwiebel ...“ Tochter: „Zwiebel ist extra, Zwiebel zählt nicht.“ Mutter (mittlerweile leicht gereizt): „Ja doch! Moment ... Sauerampfer...“ Tochter: „Kerbel!“ Mutter: „Kerbel hab ich doch schon gesagt. Jetzt hilf mir doch mal!“ Tochter (blättert wütig in Kochbüchern): „Die schreiben hier was von Krauser Minze und Portulac.“ Mutter: „Nein, nein ... sieben sind's...“ Tochter: „Kresse!“ Mutter: „Kresse kann nicht schaden, aber ob man noch echte Brunnenkresse kriegt? Kresse ... muss aber auch nicht.“ Tochter: „Petersilie.“ Mutter: „Petersilie? Wart mal... Pimpinelle, Boretsch, Sauerampfer ...“ – Manchmal essen wir grüne Soße sogar.

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