: Freier Strom auch in Duisburg
Verfassungsgericht lehnt Antrag gegen Wettbewerb ab: Um Kraft-Wärme-Kopplung zu schützen, solle die Stadt Durchleitung von Billigstrom verweigern
FREIBURG taz ■ Stadtwerke, die um den Bestand ihrer Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen fürchten, sollen unökologischen Billigstrom einfach aussperren. Das empfahl das Bundesverfassungsgericht in einem gestern bekannt gemachten Beschluss. Es lehnte damit den Antrag der Stadt Duisburg ab, den freien Stromwettbewerb auf ihrem Stadtgebiet zu unterbinden, bis über eine Verfassungsbeschwerde der Stadt entschieden sei. Duisburg macht geltend, dass der Stromwettbewerb in das kommunale Selbstverwaltungsrecht eingreift, Einnahmen schmälert und eine sinnvolle Energiepolitik verhindert.
Schon im letzten Herbst waren 13 Kommunen – zum Beispiel München, Kiel und Saarbrücken – mit einem ähnlichen Antrag gescheitert. Damals monierte das Verfassungsgericht, dass eine „konkrete Gefährdung“ nicht belegt werden könne (die taz berichtete am 18. 9. 1999). In Duisburg hat man sich deshalb mit dem Gang nach Karlsruhe bewusst lange Zeit gelassen, um konkrete Fakten vorweisen zu können. So musste inzwischen bereits ein Kraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung stillgelegt werden. Zwei weitere Werke stehen auf der Kippe, weil der so erzeugte Strom nicht wettbewerbsfähig ist.
Aus im Wesentlichen zwei Gründen lehnte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nun dennoch ein sofortiges Eingreifen ab: Zum einen habe der Bundestag inzwischen reagiert und ein Gesetz zum Schutz des Stroms aus Kraft-Wärme-Kopplung erlassen. Es gibt den Stadtwerken einen Ausgleichsanspruch von anfangs drei Pfennig pro Kilowattstunde.
Im Übrigen hätten sich die Stadtwerke – statt nach Hilfe aus Karlsruhe zu rufen – auch selbst helfen können, indem sie einfach die Durchleitung von Billigstrom als „unzumutbar“ verweigern. Auf eine entsprechende Bestimmung im Kartellgesetz hat das Gericht jetzt ausdrücklich hingewiesen. Auf diesem Wege könne der wirtschaftliche Betrieb von KWK-Anlagen – zumindest bis zur Karlsruher Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden – gesichert werden.
Bisher hat die Stadt Duisburg diesen Schritt nicht gewagt. Sie ging davon aus, dass Konkurrenten dann mit Erfolg das Bundeskartellamt mobilisieren können, um die Durchleitung zu erzwingen. Jetzt fühlt man sich allerdings „ermutigt“, so Stadtdirektor Jürgen Brandt, doch so zu verfahren. Beim Kartellamt in Bonn ist bisher noch kein Durchleitungsstreit bekannt, bei dem der Schutz von Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung im Vordergrund stand. CHRISTIAN RATH
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