: Warum nicht einfach „nein“ sagen?
■ Heute protestieren Eltern, Lehrer und Schüler der Gesamtschulen gegen größere Klassen / Schon gestern bekam die SPD-Fraktion Besuch von Betroffenen / Die CDU tat sich das nicht an
Heute ist der Tag der Gesamtschulen: In einem Sternmarsch werden mittags Schüler, Eltern und Lehrer Richtung Bürgerschaft ziehen, um gegen größere Klassen zu protestieren. Befürchtet wird, dass die Klassenstärke der Gesamtschulen von noch 20 auf 24 erhöht werden könnte. Entsprechende Pläne sind im Bildungsressort von Willi Lemke (SPD) ausgearbeitet worden. Der versicherte gestern: „Ich stelle mich vor meine Gesamtschulen“ – was die Betroffenen so recht nicht glauben wollen.
Einen kleinen Vorgeschmack, was den Parlamentariern an ihrem heutigen Sitzungstag blühen könnte, bekam gestern die SPD-Fraktion. Rund 70 Kinder, Eltern und Lehrer aus der Gesamtschule West protestierten auf dem Marktplatz mit Spruchbändern wie „Lemke, von Bildung hast du keine Ahnung“ und „24 ist zu viel“. Die CDU lehnte ab, eine Delegation der Betroffenen zu empfangen, die SPD hingegen lud den ganzen Haufen in den Plenarsaal, wo gerade die Fraktionssitzung zu Ende ging. Und da mussten sich die Abgeordneten einiges anhören.
Hartmut Wiedemeyer, Schulelternsprecher und Ehemann der SPD-Abgeordneten Cornelia Wiedemeyer, erklärte, dass die Gesamtschulen zwar kleinere Klassen als andere Schulen haben, dafür aber auf andere Vergünstigungen verzichten müssen. Eine Erhöhung der Klassengröße würde „die Gesamtschulen in ihrer Existenz gefährden“. Deutlicher wurde ein Elternsprecher einer 5. Klasse: „Die Klassengrößen sind nicht vom Himmel gefallen, sondern waren politisch gewollt. Das soll jetzt mit einem Federstrich weggewischt werden“. Der Beschluss, auf 24 Schüler pro Klasse zu gehen, müsse „vom Tisch“, forderte er von Bildungssenator Lemke.
Der Bildungssenator indes war gar nicht glücklich, dass ihn jetzt die geballten Proteste treffen. Die eigentliche Schuld treffe die CDU, die sich aber mit ihren Forderungen nicht gegen die Sozialdemokratie habe durchsetzen können. „Die CDU will uns das Thema aufdrü-cken und uns damit politisch quälen“, jammerte er. Natürlich wäre es leichter, wenn die SPD alleine regieren würde – „aber wir regieren nun mal nicht allein.“ Die Klassen würden nur dann vergrößert, wenn dadurch Kosten gespart würden. Falls durch eine Vergrößerung aber Teilungsstunden nötig würden – dann habe man „natürlich“ keine Einsparungen. Jetzt prüft die Behörde, wie Bremens Gesamtschulen im Vergleich mit anderen Großstädten ausgestattet sind.
Dem Lehrer Klaus-Peter Ifland war das nicht genug. Der Senator habe der CDU eine „prima Vorlage“ geliefert, indem er bereits im März eine Erhöhung auf 22 Schüler angekündigt hatte. Jetzt zeige er der CDU eine „zu weiche Flanke“. Am klarsten formulierte es natürlich Saskia aus der 5. Klasse. Vom Rednerpult der Bürgerschaft rief sie den Sozialdemokraten zu: „Ich finde es blöd, dass Sie und Willi Lemke nicht einfach zu der CDU sagen: Nein“. cd
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