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Aufruhr an der Pommes-Bude

Wer einen Trendsetter produzieren will, sollte Revolutionär und Funktionalist sein

Nein, mit dem schwarzen Stahlross von Opa Schulz hat das gelbe Equinox kaum noch was gemein. Der 84-Jährige fährt ein uraltes Modell aus dem legendären Stall Kleinebenne, angeblich noch regelmäßig. Wie er über die Stange kommt, bleibt sein Geheimnis. Auf dieses seltsame Ding – „Wie soll das heißen?“ – würde er sich nie setzen. Einfach lächerlich!

Sollte er unbedingt mal machen, würde ihm wahrscheinlich Markus Riese empfehlen. Riese, Ingenieur und Geschäftsführer von Riese und Müller, hat das Equinox in die Welt gerollt. Noch in diesem Sommer soll es in den gut sortierten Fahrradfachgeschäften angekommen sein. Mit seinem City-Cruiser werde speziell das Radfahren in der Stadt noch schöner und sicherer, meint er. Schließlich sei der futuristisch anmutende Rahmen „keine modische Sache, sondern bringe funktionelle Vorteile“. Vor allem dort, wo man häufig gezwungen ist anzuhalten.

Auf alle Fälle hat es die noch relativ junge Firma mal wieder geschafft, dem altväterlichen Rahmenbau eine Nase zu drehen. Auffällig am Alu-Gestänge des Equinox ist vor allem der Verzicht aufs Oberrohr und die Konstruktion des Hinterbaus. Das ist ein V-förmiges Gebilde, das durch ein einstellbares Feder-Dämpfer-Element in Form gehalten wird. Dadurch misst der Federweg der Hinterradschwinge stolze 95 Millimeter, zusätzlich ist eine Federgabel vorhanden (50 Millimeter). Mit dieser Vollfederung dürfte selbst schlimmes Kopfsteinpflaster seinen Schrecken verlieren. Über das zudem wendige und stabile 20-Zoll-Laufräder huschen.

Offensichtlich weiß Markus Riese, dass im Stadtverkehr nicht nur Komfort, sondern auch Überblick gefragt ist: Auf dem Equinox thront man aufrecht und rückenabgestützt. Abgerundet wird die bequeme Position durch den hochgezogenen Lenker und die relativ weit vorn angebrachten Pedale. Ist die Sattelhöhe richtig eingestellt, lässt sich mit beiden Füßen der Boden erreichen. Was man davon hat, übersetzt Gunnar Fehlau, zuständig für die Unternehmenskommunikation, ins Volkstümliche: „Wer auf einem Equinox an der Pommes-Bude vorfährt, kann die Currywurst bestellen, ohne abzusteigen.“ Keine Ahnung, ob Opa Schulz noch Pommes-Buden besucht.

Aber wahrscheinlich kommt das Equinox eher für Leute in Frage, die an zwar spektakulären, aber ebenso klaren und funktionellen Formen Gefallen finden. An einem „revolutionären, zukunftsweisenden Design“, wie es das schon reichlich mit einschlägigen Auszeichnungen dekorierte Haus Riese und Müller bescheiden für sich reklamiert. Und Sinn für durchdachte Detaillösungen und High-Tech-Schmankerl sollte man haben. So verläuft die Kette innerhalb der dicken Hinterradschwinge: wunderbar schmutzgeschützt.

Auch bei der Schaltung will Riese auf der Höhe der Zeit beziehungsweise ihr voraus sein: Sein Equinox ist mit Shimanos neuer Automatikschaltung Auto-D ausgestattet. Die hat zwar nur vier Gänge, ist aber dafür verbunden mit Sensor und Elektronik. Schalthebel oder Drehgriffe sucht man vergeblich, das Verschalten kann man vergessen. Die Kontroll- und Programmierbox sitzt am Lenker. Hier kann der Radler ablesen, wie schnell und mit welchem Gang er gerade fährt. Außerdem ist hier vorab der gewünschte Fahrstil zu wählen. Im Normalbetrieb („D“) wird der Gang nach einer Temposteigerung von acht Stundenkilometern gewechselt, beim sportlichen Fahren („Ds“) bereits nach fünf. Automatisch, wie gesagt. Wer weiß, was Opa Schulz dazu sagen wird. Schnickschnack? Oder geil? PAUL DE CHALET

Equinox: Hersteller Riese und Müller GmbH, Darmstadt; 2.999 DM (ohne Korbhalter- und Packtaschen-Adapter

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