: Schießen wie Al Bundy
Olympiateilnehmer Eric Walther aus Reinickendorf wurde bei der Internationalen Deutschen Meisterschaft im Modernen Fünfkampf nur Vierter. Gewonnen hat Jan Veder aus Spandau
von MARTIN KRAUSS
Wer am Samstag morgen so gegen sieben Uhr im Tempelhofer Bahnhof Paradestraße aus der U-Bahn stieg, eine halbe Treppe hochging und hinter einer Stahltür verschwand, befand sich plötzlich in einer modernen Schießanlage. 21 junge Männer standen darin: die besten Modernen Fünfkämpfer des Landes und etliche ausländische Gäste dazu. Mit ihrer Luftpistole zielten sie auf zehn Meter entfernt stehende Pappscheibchen, den rechten Arm ausgestreckt und die linke Hand meist vorne in die Hose gesteckt, beinah wie es Al Bundy tut. Das Schießen in der Anlage der BVG war der Auftakt der Internationalen Deutschen Meisterschaft in Berlin.
Neben der deutschen Spitze waren auch Sportler aus Ungarn, Mexiko, Tschechien und Dänemark angereist. Gewonnen hat die sportive Addition aus Schießen, Fechten, Schwimmen, Reiten und Laufen schließlich Jan Veder von den Wasserfreunden Spandau 04 vor dem Bonner Oliver Strangfeld und Victor Horvath aus Ungarn.
Eric Walther aus Reinickendorf, der vor vier Wochen durch einen achten Platz bei der Weltmeisterschaft in Italien zum einzigen männlichen deutschen Olympiateilnehmer wurde, war frisch aus dem Urlaub zurückgekommen und wurde Vierter.
„Die Deutschen Meisterschaften waren bloß ein Aufgalopp“, meint ein zufriedener Rudi Trost, als Landestrainer sowohl für den frisch gebackenen Deutschen Meister Veder als auch für den Olympiafahrer Walther zuständig.
Dabei geht Eric Walther, der für den Polizeisportverein antritt, seit zwei Jahren eigene Wege. Der einstige Dritte bei den Europameisterschaften der Juniorenstagnierte in der sportlichen Entwicklung, und auch sein Arbeitgeber, die Bundeswehr mit ihrer Sportfördergruppe, gab nicht den richtigen Schub. „Die Bundeswehr-Pflichtprogramme haben sich als nicht positiv herausgestellt“, resümiert Vater Bernd Walther, und also gingen Vater und Sohn auf die Suche nach neuen Wegen.
Die schlechteste Disziplin, das Schießen, wird verbessert, indem Eric nach Potsdam zum Olympiastützpunkt fährt und bei einem professionellen Schießtrainer seine Übungseinheiten absoviert. Das Schwimmtraining findet in Hohenschönhausen statt, Seit an Seit mit Franziska van Almsick, und zum Fechten fährt der 25-Jährige nach Steglitz. Lauter Spezialtrainer, damit die letzten Reserven rausgeholt werden.
Seither geht es mit Walthers Karriere aufwärts: 1999 gewann er mit der Staffel die Militär-WM, in diesem Jahr wurde er in den USA beim Weltcup Zweiter, und als bislang größten Erfolg schaffte er die Olympiaqualifikation. „Das war eine Überraschung, aber keine ganz so große Überraschung“, meint Bundestrainer Iri Zlatanov, der eher auf den etwas arrivierteren Bonner Oliver Strangfeld gesetzt hatte. Auch bei den Frauen hatte sich Zlatanov verschätzt und sich ganz auf die Berlinerin Kim Raisner orientiert – doch jetzt fährt Elena Reiche aus Bonn, eine gebürtige Berlinerin, nach Sydney.
Bundestrainer Zlatanov muss umdenken, schließlich wird er einziger betreuender Trainer in Sydney sein. „Eric ist in der Welt einer der besten drei Männer im organischen Bereich.“ Das sind die Ausdauerdisziplinen Laufen und Schwimmen. Hier liegen Walthers Stärken, die er in den verbleibenden Monaten noch verbessern möchte. Dass ihn nicht alle für den derzeit besten deutschen Fünfkämpfer halten, ficht Walther genausowenig an wie der Umstand, dass er noch nie Deutscher Meister war. „Im Modernen Fünfkampf ist vieles möglich“, erklärt er.
Mit dem Termin der Deutschen Meisterschaften vom Samstag war niemand so recht zufrieden. „Vor vier Wochen war die Welt-, vor zwei Wochen die Europa- und jetzt die Deutsche Meisterschaft, bei so einem Terminplan muss ja alles durcheinander kommen“, sagt Bernd Walther.
Auch international passte der Termin nicht allzu vielen in die Saisonplanung. „Zugesagt hatten 32 Starter, jetzt sind nur 21 da“, schimpft Rudi Trost, der nicht nur als Berliner Landestrainer, sondern auch Veranstalter agierte. „Die USA und Holland haben abgesagt, obwohl die mit starken Teams gekommen wäre, und die Jugoslawen haben noch nicht einmal abgesagt.“
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