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Straßenfete gegen die BVG

Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg erhöht die Fahrpreise. Für sozial Schwache heißt es jetzt erst recht: „Zurückbleiben, bitte!“ Gewerkschaften und Verbände rufen deshalb zu Protesten auf.

von ANDREAS SPANNBAUER

Schon vor ihrem Inkrafttreten am kommenden Dienstag bewegt die Fahrpreiserhöhung im öffentlichen Nahverkehr die Stadt. Gewerkschaften, Verbände Parteien und das Netzwerk „reclaim the streets“ rufen ab heute zu den unterschiedlichsten Protesten gegen die Preispolitik des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) auf.

Etwa 50 Menschen brachten bereits gestern am Nachmittag mit einem Fahrradkorso ihren Ärger über die Preissteigerung zum Ausdruck. Die Veranstalter von „reclaim the streets“ wollen heute unter dem Motto „Nulltarif – für mehr Bewegung im Alltag“ ab 14 Uhr am Bahnhof Spittelmarkt mit einer mobilen Straßenparty das „Menschenrecht auf Mobilität“ einfordern. Im Internet wurden die Teilnehmer dazu aufgerufen, mit Straßenblockaden ihre Unzufriedenheit mit der Preispolitik der BVG zu artikulieren.

Eine Anmeldung lag der Polizei, wie schon bei vergangenen Aktionen, nicht vor. Die Demonstranten koordinieren sich nach eigenen Angaben durch einen eigens eingerichteten SMS-Service per Mobiltelefon. Auf Versuche der Polizei, die Straßenparty zu beenden, will man mit einer unerwarteten „Bauchtanzperformance“ oder einem „Völkerballspiel“ reagieren, zu dem gegebenenfalls auch „die Mannschaft in grün“ eingeladen werde.

Am Montag soll der Widerstand gegen die Fahrpreiserhöhung fortgesetzt werden. Die Initiative „Arbeitslosenticket jetzt!“ und der DGB werden Verkehrssenator Peter Strieder um 17 Uhr vor dem Roten Rathaus eine Resolution mit über 80.000 Unterschriften überreichen. Außerdem will die Initiative 3.000 selbst gedruckte Fahrscheine des Berliner Graffiti-Künstlers Sebastien Lézin verteilen. Das neu eingeführte Arbeitslosenticket sei eine „Mogelpackung“ und falle hinter einen entsprechenden Beschluss des Abgeordnetenhauses vom September 1999 zurück, sagte die Sprecherin der Initiative, Antje Grabenhorst.

Die Kreisvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Ursula Schäfer, warf der S-Bahn GmbH und der BVG gestern vor, die Fahrpreiserhöhung sei weder sozial noch ökologisch „und noch nicht einmal wirtschaftlich durchdacht“. Der Senat dürfe nicht vor der Preispolitik der Verkehrsbetriebe kapitulieren. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) kritisierte, die BVG vergebe mit der Erhöhung die Chance, angesichts der überhöhten Benzinpreise Autofahrer zum Umsteigen auf die öffentlichen Verkehrsmittel zu bewegen.

Um kostengünstiger zu wirtschaften, solle die BVG auf die geplante Anbringung von Sperrensystemen an den U-Bahn-Eingängen verzichten. Die Verkehrsexpertin der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Jutta Matuschek, rechnete damit, dass die Preissteigerung zu einem Sinken der Fahrgastzahlen führen werde. Die Maßnahme sei „die Fortschreibung sozialer Ungerechtigkeit“.

„Reclaim the streets“ beschuldigt die BVG ebenfalls, mit ihrer Hochpreispolitik sozial Schwachen eine ungehinderte Bewegung in der Stadt zu erschweren. Mit den neuen Fahrpreisen werde das öffentliche Verkehrssystem weiter auf eine zahlungskräftige Klientel zugeschnitten. Statt an der Senkung der Kosten zu arbeiten, werde für mehrere Millionen Mark eine flächendeckende Videoüberwachung in Bussen und Bahnen eingerichtet.

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