Auf Du und Du mit der Heimatsprache: „Gnadenlos Platt“? Eher unbegnadet!
■ Eine herbe Kritik an Radio Bremen 3 – ausnahmsweise auf Hochdeutsch
„He is mien beste Frünn, wi geiht dörch Dick un Dünn.“ Was denkt sich Gesine Kellermann dabei, mit so was ihre plattdeutsche Nachmittagssendung Dat Sünndagsradio auf Radio Bremen 3 „Melodie“ zu eröffnen? Hat sie vorher nicht mal reingehört? Der zitierte Text lautet, ins Hochdeutsche zurückübersetzt: „Er ist meine bester Freunde, wir geht durch Dick und Dünn.“ Un so geiht dat in den heelen Text lang wieder. Einem Ausländer würde man so was bei der Aufnahmeprüfung nicht durchgehen lassen. Um auf das Beispiel zurück zu kommen – ohne Beckmesserei – korrekt würde es heißen: „He is mien besten Fründ, wi gaht dörch Dick un Dünn.“
Aber da reimt sich Fründ schon nicht mehr auf Dünn. Also – reim dich, oder ich fress dich! Die Gruppe, die das von sich gibt, nennt sich „Gnadenlos Platt“. Ist ja was Wahres dran, an dem Namen. Aber es sollte doch wohl eher „Unbegnadet“ heißen. Wir haben das Problem solcher Songgruppen, die gut musizieren, gut singen, aber kein Platt können, am Beispiel Godewind an dieser Stelle schon einmal erörtert. Es ist nicht neu.
Die RundfunkmoderatorInnen meinen, es gäbe nichts anderes auf dem Markt, und sie wollten doch gern etwas Plattdeutsches bringen, und so sei es doch besser als gar nichts. Doch solange niemand diese Stümper zurechtweist, glauben sie, sie können so weitermachen. Wie sagte der Oberguru aller Plattdeutschen, Ingo Sax, kürzlich auf einer Tagung plattdeutscher Schreiberlinge? „Warum schreibt ihr auf Platt? Weil ihr glaubt, dass ihr dann eher gedruckt werdet!“ Das gilt wohl nicht nur für die schreibende Zunft.
Was ist zu raten (wir wollen uns ja nicht nur ärgern, sondern konstruktive Kritik üben)? Sie könnten sich vor der Aufnahme ihrer Texte von Nativ Speakers oder von Fachleuten, zum Beispiel vom Institut für Niederdeutsche Sprache (INS) im Schnoor 43 in Bremen beraten lassen. Da würde ihnen kein Bernstein aus der Krone kullern. Im Gegenteil! Lernfähigkeit ehrt.
Und Gesine Kellermann? Andere ModeratorInnen – und das gilt nicht nur für Radio Bremen – sind, was Platt angeht, ja eher unterbelichtet. Aber Gesine könnte doch zumindest bei der Anmoderation solcher Machwerke ein paar vorsichtig, humorvoll, distanzierende Worte verlieren, um diskret zu zeigen, dass der Pfusch bemerkt wird. In die Songs hineinredigieren kann sie ja nicht.
Bei der überwiegenden Zahl der plattdeutschen Hörerschaft würde sie damit für sich und für den Sender punkten. Und die Liedermacher müssten wohl oder übel dazulernen, wenn sie im Geschäft bleiben wollen.
Bani Barfoot
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