UNVERÄNDERT FEHLT EINE INTERNATIONALE STRATEGIE FÜR DAS KOSOVO: Alltäglicher Hass
Die Liste der Toten im Kosovo hat sich wieder verlängert: Diesmal waren es drei Roma, die Donnerstagnacht von einer Mörsergranate zerfetzt wurden. Sie mussten mit ihrem Leben bezahlen, weil sie Roma waren, so wie in den vergangenen Monaten vielfach Serben wegen ihrer Volkszugehörigkeit zu Opfern wurden. Und so bestimmt heute, wenngleich weit weniger medienwirksam inszeniert und meist als Randnotiz auf der Zeitungsseite versteckt, noch immer vorrangig eines den Alltag im Kosovo: die Missachtung elementarer Menschenrechte, die die Nato doch eigentlich verteidigen wollte – so jedenfalls lautete im vergangenen Jahr die Begründung für den Bombenkrieg gegen Jugoslawien.
Daraus leiten nun einige Kritiker die These ab, die derzeitige Situation führe den Militäreinsatz nachträglich ad absurdum oder – noch drastischer – das Engagement der Nato habe alles nur noch schlimmer gemacht. Doch ist dieser Vorwurf genauso wenig zu halten wie die Behauptung, Unmik und KFOR sähen dem Plündern und Morden einfach nur zu. Tatenlosigkeit ist den beteiligten Organisationen bestimmt nicht vorzuwerfen.
Allerdings steht die internationale Staatengemeinschaft vor einem grundsätzlichen Dilemma: Die Diskrepanz zwischen der Realität und den eigenen Ansprüchen wird immer größer und scheint kaum noch überbrückbar. Typisch dafür ist etwa Nato-Generalsekretär Robertson, der immer noch die multiethnische Gesellschaft im Kosovo verteidigen will – und das notfalls mit Gewalt –, während die Vertreter der beteiligten Volksgruppen allenfalls eine Koexistenz als mittelfristiges Ziel formulieren. Es werden demokratische Wahlen organisiert – doch welche Legitimität können die neu geschaffenen Organe für sich beanspruchen, wenn die Serben an den Wahlen nicht teilnehmen, mit der Begründung, ihre Menschenrechte seien nicht gewährleistet?
Es droht die Gefahr, dass die internationale Staatengemeinschaft zu einem Statisten des Geschehens degradiert wird. Gleichzeitig ist abzusehen, dass – würden die Realitäten anerkannt – dies unweigerlich zu einer Unabhängigkeit des Kosovo führen würde. Genau dies soll aber bisher verhindert werden.
Und so scheint derzeit nur eines klar: Trotz jahrelangen Engagements auf dem Balkan verfügt die internationale Gemeinschaft immer noch über kein geeignetes Instrumentarium zur Krisenlösung. Bisher gibt es keine wirksame Hilfe für die Menschen, die in einer Atmosphäre von Hass und Rache täglich ihr Leben lassen müssen. Die drei Roma werden nicht die letzten Opfer im Kosovo gewesen sein. BARBARA OERTEL
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