Suharto muss jetzt doch vor Gericht

Indonesiens Ex-Diktator wegen Korruption angeklagt. Ein Menschenrechtsprozess ist jedoch noch nicht in Sicht

BERLIN taz ■ Indonesiens Ex-Präsident Suharto muss sich wegen Korruption in seiner 32-jährigen Amtszeit vor Gericht verantworten. Generalstaatsanwalt Marzuki Darusman sagte gestern in Jakarta, Suharto gelte jetzt als Angeklagter und nicht mehr als Verdächtiger. Er wolle den Ex-Präsidenten noch vor dem 10. August vor Gericht bringen. Suhartos Anwälte erhielten gestern im Haus des Ex-Präsidenten die Klageschrift.

Dem unter Hausarrest stehenden Suharto wird vorgeworfen, während seiner bis Mai 1998 dauernden Herrschaft sieben unter seiner Kontrolle stehende gemeinnützige Stiftungen für die Geschäfte von Familienangehörigen und Freunden missbraucht zu haben. Dabei soll es um Summen von 150 bis 550 Millionen Dollar gehen. Firmen seien zu Spenden an die Stiftungen gezwungen worden. Suharto bestreitet die Vorwürfe.

Seine Anwälte halten den 79-Jährigen, der mehrfach befragt worden war, für verhandlungsunfähig. Er habe nach einem Schlaganfall im vergangenen Jahr einen Hirnschaden erlitten. Die Anwälte bestätigten gestern, dass Suhartos Hausarrest um 20 Tage verlängert wurde. Sie werfen der Regierung von Präsident Abdurrahman Wahid vor, jetzt mit einem Prozess gegen Suharto von eigenen Schwierigkeiten ablenken zu wollen. Wahid muss Mitte des Monats dem Parlament Rechenschaft über seine bisherige Amtszeit ablegen.

Wahid besteht auf einem Prozess gegen Suharto, will ihn bei einer Verurteilung allerdings begnadigen. Beobachter rechnen mit einem Urteil von 20 Jahren Gefängnis bis zu lebenslänglich. Wahid, in dessen Umfeld es auch bereits zu Korruption gekommen ist, hat in Verhandlungen mit dem Suharto-Clan versucht, einen Teil von dessen Vermögen für den Staat zurückzugewinnen. Unter dem Übergangspäsidenten B. J. Habibie fanden die Staatsanwälte angeblich keine Beweise gegen Suharto.

Das Vermögen der Suhartos wird auf bis zu 45 Milliarden Dollar geschätzt. Der Ex-Präsident ist bisher mit einer Klage gegen das US-Magazin Time gescheitert. Das berichtete im Mai 1999, seine Familie habe ein Vermögen von 15 Milliarden Dollar angehäuft. Time zählte allein in Indonesien Anteile an 564 Firmen.

Nicht in Sicht ist bisher ein Prozess wegen Menschenrechtsverletzungen. Auch die Machtübernahme Suhartos 1965/66 ist nicht aufgeklärt. Damals starben bei der Abwehr eines angeblich kommunistischen Putsches bis zu eine Million Menschen.

SVEN HANSEN