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vorlaufVerschossen

Direkt ins Herz, 20.15 Uhr, ARD

Dieser Tatort kommt schnell zur Sache: Nach nur einer Minute gibt es den ersten Toten. Ein Geschäftsmann stirbt mitten auf einer Kölner Einkaufsstraße. Ein Schuss: kalt und präzise. Mitten ins Herz. Seine Frau, die ihn begleitete, überlebt unversehrt. Nach fünf Minuten: Erster Blickkontakt zwischen Kommissar Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und der Witwe Franka (Anja Kling). Ein flüchtiger Augenaufschlag lässt Verwicklungen erahnen. Nach zwanzig Minuten der zweite Tote. Ebenfalls ein Geschäftsmann, gleiches Alter, gleiche Methode. Schuss ins Herz. Nur fünf Minuten später: Kuß zwischen Ballauf und Franka. Schnitt. Kameraschwenk über Köln im Morgengrauen. Alles klar.

Nach knapp einer halben Stunde hat der Tatort sein Thema: Der Kommissar und das Mädchen. Die zwielichtige Witwe und der liebestrunkene Bulle. Nicht einfallsreich, aber okay. Was Wolfgang Panzer (Buch und Regie) danach allerdings daraus macht, ist ziemlich wirr – und konventionell abgefilmt. Während Ballauf sensible Trauerarbeit verrichtet, muss Kollege Freddy Schenk (Dietmar Bär) den Fall aufklären. Und der stolpert durch die Geschichte eines alten Geldtransporter-Überfalls, bei dem die falschen Täter verurteilt wurden. Hält den Zuschauer schon all das nicht sonderlich gefangen, so wird die spannungslose Rachegeschichte von der Love-Story an Langeweile locker noch überboten. Ballaufs Dackelblick und Frankas Stülplippen beweisen, dass Liebe im deutschen TV-Krimi manchmal eine todernste Sache sein kann. Dialoge wie „Spring du zuerst. Nein, du. Nein, du. Na gut, ich springe zuerst und fange dich dann auf“ zeigen, dass der Auto von seiner Idee, den Kommissar mit der Verdächtigen ins Bett zu schicken, ganz begeistert war; allein letztendlich nichts damit anzufangen wusste. Und so endet dieser WDR-Tatort, den man tunlichst im Rhein versenken sollte, wie er begann: mit einem gezielten, tödlichen Schuss. Aber da hat man längst das Interesse an dem Fall und den Personen verloren: direkt ins Herz und voll daneben. THORSTEN PILZ

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