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strommarkt aufgeteiltKundensache

In Deutschland wird es bald nur noch vier große Stromversorger geben. Sie teilen das Hochspannungsnetz unter sich auf. Der Rest sind im Vergleich kleine Regionalversorger, Stadtwerke oder Ökostromerzeuger. Ist also die angestrebte Liberalisierung des Strommarktes gescheitert, obwohl sie noch von der Regierung Kohl mit großem Getöse verkündet wurde? In gewisser Weise ja. Von den neun Verbundkonzernen vor der Öffnung der Gebietsmonopole bleiben vier. Und die sind größer, als sich noch vor ein paar Jahren irgendjemand vorstellen konnte.

Kommentar von REINER METZGER

Vier Anbieter können sich wesentlich leichter abstimmen als neun. Und schon die nicht fusionierten früheren Verbundkonzerne gingen stets im Gleichschritt – sei es bei der Lobbyarbeit in Parlamenten oder bei der Preisgestaltung gegenüber großen und kleinen Kunden. In diese Runde dürfte auch der Neuankömmling Vattenfall gut passen, der sich gerade Hamburg, Berlin und wohl auch die Hochspannungsnetze Ostdeutschlands einverleibt. Immerhin verkörpert er als schwedischer Staatskonzern ebenfalls die enge Verzahnung von Staat und Wirtschaft im Energiesektor.

Trotzdem wird der Strommarkt anders sein als zu Monopolzeiten. Damals war ein Lieferantenwechsel schlicht unmöglich, heute ist der Markt zweigeteilt: Bei den Großkunden aus Industrie und Handel entscheidet praktisch allein der Preis, welchen Anbieter sie wählen. Hier gibt es auf absehbare Zeit immer noch genügend und zukünftig auch ausländische Anbieter, die die Kilowattstunde immer billiger machen. Daran können auch vier große deutsche Brocken nichts ändern.

Hingegen wird der Sektor der Privatkunden immer mehr auseinander gehen. Wer sich nicht auskennt, wird einfach wie bisher bei seinem Exmonopolisten bleiben. Die Preisbewussten werden sich einen Billiganbieter aussuchen, auch wenn der Saft aus einem französischem AKW oder irgendeiner osteuropäischen Kohledreckschleuder stammt. Und dann gibt es da noch die Gruppe, die letztendlich für gesunde Umwelt entscheidend ist: all diejenigen, die auch ein paar Pfennig mehr pro Kilowattstunde ausgeben, um dem Ökostrom auf die Beine zu helfen. Dafür reichen schon einige Millionen Kunden. Aber sie sind nötig, damit die regenerativen Energiequellen schnell genug billig genug werden, um mit modernen Gasanlagen oder neuen AKWs konkurrieren zu können. Kleinvieh macht eben auch Strom.

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