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■ H.G. HolleinFehlende Worte

Die Frau, mit der ich lebe, meint, ich würde wohl allmählich alt. Da kann was dran sein. Ich vermisse in letzter Zeit so dies und jenes. Vor allem Wörter. „Aufschneider“ zum Beispiel scheint es im Sprachgebrauch der Sla-sher-gestählten nachwachsenden Generation nicht mehr zu geben. Auch der lippenschürzende „Tumult“ mitsamt seiner adjektivischen Ableitung „tumultuarisch“ ist mir lange nicht mehr zu Ohren gekommen. Oder das schöne Bild von der „Zwickmühle“, in der sich einer befindet. Es ist offenbar gänzlich einer zeitgemäßeren optionalen Verlegenheit zum Opfer gefallen. Und was ist eigentlich mit dem „Gewissen“? Zwar tritt es ohnehin immer erst auf den Plan, wenn alles zu spät ist, aber dass sich seit Beginn der Regierung Schröder-Fischer weder ein rotes noch ein grünes Gewissen öffentlich profiliert hat, nimmt schon Wunder. Andererseits ist die „Weltanschauung“ 200 Jahre nach der Aufklärung ja auch nicht mehr übermäßig im Umlauf. Dass „Demut“ gänzlich abgepfiffen ist, schließt sich da nur logisch an. Aber es gibt Ersatz. „Natives Olivenöl“ etwa oder „Frühstücks-Cerealien“, wobei der Henker wissen mag, was das eigentlich ist. Der „Slip“ hat schon länger den „Schlüpfer“ abgelöst, und das geht auch in Ordnung. Aber welche Vorzüge ein „Hair Energizer“ gegenüber dem biederen „Haarwasser“ haben soll, entzieht sich mir. So lümmele ich mich denn mäkelig im Sessel vor der Mattscheibe, derweil sich die begnadete Cast der Vorabend-Soaps von einem shooting zur nächsten location mimt. Aber letzlich sei das doch alles nicht so schlimm, meint die Gefährtin dann tröstend, ein jegliches habe eben seine Zeit. A propos: „Schnelllebig“ ist in Zeiten der Datenautobahn wohl auch schon wieder zu langsam.

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