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DAS U-BOOT-UNGLÜCK BRINGT PRÄSIDENT PUTIN IN BEDRÄNGNISBröckelnder Mythos

Russlands Präsident Wladimir Putin ist derzeit wahrlich nicht zu beneiden: Kaum hat sich die Panik gelegt und der Schock nach dem verheerenden Bombenanschlag in der vergangenen Woche in Moskau etwas nachgelassen, da ereilt Russland und die Welt bereits die nächste Hiobsbotschaft: die Havarie eines russischen Atom-U-Boots in der Barentssee, mit der traurigen Aussicht, die 116 Männer der Besatzung vielleicht nicht alle lebend retten zu können.

Nun sind Opfer – auch hohe Opfer – für das Vaterland in Russland von jeher nichts Ungewöhnliches. Wie sonst wären die verhaltenen Proteste der russischen Bevölkerung gegen den mörderischen Tschetschenienkrieg zu erklären, der entgegen anders lautenden Ankündigungen und Beteuerungen mit unveränderter Brutalität und steigenden Opferzahlen auf beiden Seiten seit Monaten fortgesetzt wird.

Das Fatale für den Kremlführer ist jedoch, dass er Gefahr laufen könnte, durch die zugegeben unglückliche Verquickung von Ereignissen der vergangenen Tage nachhaltig beschädigt zu werden. Immerhin war der bis dato kleine Geheimdienstler seinerzeit als Law-and-order-Mann angetreten und hatte nach seiner Wahl folgerichtig die äußere und innere Sicherheit des Landes zu einem der Hauptanliegen seines Programms erhoben. Gemessen an diesem Anspruch fällt die Bilanz der ersten Monate im Amt für Putin eher bescheiden aus. Natürlich kann man dem Senkrechtstarter zugute halten, immer noch ein relativer Neuling im Kreml zu sein. Dass dieses Argument nicht ewig zieht, dürfte nicht zuletzt auch dem kühl kalkulierenden Putin dämmern.

Doch nicht nur ein angekratztes Image sowie enttäuschte Hoffnungen der Bevölkerung werden den Druck auf den Präsidenten erhöhen. Gleichzeitg stellt sich auch die Frage nach seiner politischen Handlungsfähigkeit. Und das umso mehr, als vorhandene Probleme, wie beispielsweise der Tschetschenienkrieg, dessen Ende nicht absehbar ist, ungelöst bleiben, gleichzeitig aber fassbare Ergebnisse und spürbare Verbesserungen auf anderen Gebieten ausbleiben.

Einen kleinen Vorgeschmack auf künftige Drahtseilakte dürfte Putin jetzt bei der Diskussion über eine Reform des Militärs bekommen, dessen desolaten Zustand das U-Boot-Unglück einmal mehr illustriert hat. Sollte Putin, der auf das Militär angewiesen ist, nicht zuletzt, um das Abenteuer im Kaukausus zu beenden, mit dieser Reform scheitern, wäre er zwar nicht der Erste. Nur im Unterschied zu Jelzin könnten für ihn die Konsequenzen fatal sein. Mit anderen Worten: Der Countdown für den Mythos Putin läuft. BARBARA OERTEL

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