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Alles Einstellungssache

■ 5:0-Sieg gegen Mannheim: Am Freitag spielte der FC St. Pauli den besten Fußball seit Helmut Schmidts Kanzlerschaft

Wer das Glück hat, seine Brötchen in Hamburgs Amüsierviertel kaufen zu dürfen, konnte sich am Samstag Morgen die Zeitung sparen. Ein Blick in die Gesichter der Menschen, die noch freudetrunken die Pinten säumten, genügte, um zu erkennen, dass sich am Vorabend Epochales ereignet haben musste: Tatsächlich hatte der FC St. Pauli am Freitag Waldhof Mannheim mit 5:0 abgefertigt und eine Leistung gezeigt, die man am Millerntor zuletzt unter der Kanzlerschaft Helmut Schmidts miterleben durfte.

Von Beginn an gingen die Braun-Weißen mit einer Entschlossenheit zu Werke, die schon vor den ersten Treffern für kollektive Reaktionen auf den Traversen sorgte: Schulterzucken, ungläubiges Kopfschütteln und ein Glanz in den Augen, der gemeinhin eher in Schlafzimmern denn in Fußballstadien zu sehen ist. Die folgenden Ereignisse sorgten dann für Entzücken unter den 17.300 Zuschauern: In der 27. Minute erzielte André Trulsen seinen dritten Treffer im zweiten Spiel, zwei Minuten später legte Ivan Klasnic per Drehschuss nach, ehe nach dem 3:0 durch den U-21-Nationalspieler Christian Rahn (38) eine Euphoriewelle losbrach, die Mannheims Trainer Uwe Rapolder später konstatieren ließ, sein Team sei „von der Begeisterung am Millerntor überrollt worden.“

Nachdem Holger Stanislawski kurz vor der Halbzeitpause auf 4:0 erhöht hatte, wurde an den Wurst- und Bierständen eruiert, wann der Verein zuletzt mit vier Toren Abstand gewonnen hatte. Nach dem Seitenwechsel mussten dann jedoch auch historisch interessierte Zuschauer ihre Kenntnisse aktualisieren. Denn Neuzugang Marcel Rath sorgte zunächst dafür, dass Waldhof-Keeper Achim Hollerietrh nach einer Notbremse zum Duschen musste (58.), ehe er acht Minuten vor Schluss zum 5:0 traf und alle Halbzeit-Fachsimpelei zur Makulatur verkommen ließ. Statt des 5:1 über Uerdingen am 17.6.1989 wird nun der 18.8.2000 als Datum des höchsten Sieges seit Menschengedenken in die Annalen eingehen.

Den meisten Zuschauern wäre der Tag wohl auch mit drei Treffern weniger in Erinnerung geblieben, so berauschend wirkten die 90 Minuten. Was aber ist die Ursache der Wandlung einer unmotivierten Ansammlung von Fußkranken zu einer hochmotivierten Einheit? Einer der wenigen Menschen, die am Samstag morgen zur Bildung fünfsilbiger Worte fähig war, wusste es: „Ist doch alles nur Einstellungssache.“ Christof Ruf

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