un-blauhelme: Klare Diagnose, schwache Therapie
Die von Kofi Annan eingesetzte internationale Kommission zu den Peacekeeping-Missionen der UNO hat gesprochen. Ihr Bericht knüpft in der Benennung der Missstände und der Analyse ihrer Ursachen an die klare, wo nötig auch selbstkritische Sprache an, die der Generalsekretär in seinen eigenen Äußerungen zu diesem Thema vorgegeben hat. Fehler, Defizite und Versäumnisse der zuständigen New Yorker UNO-Abteilung, des Sicherheitsrates sowie der 188 Mitgliedsstaaten werden ohne Beschönigung und diplomatische Rücksicht benannt. Eine präzise Diagnose und nützliche Bilanz der zahlreichen Peacekeeping-Missionen im ersten Jahrzehnt nach Ende des Ost-West-Konflikts.
Kommentarvon ANDREAS ZUMACH
Bei ihren Reformempfehlungen war die Kommission weniger mutig. Sicher, alle Vorschläge, die auf eine größere Handlungsfähigkeit der New Yorker Zentrale abzielen, auf realistischere Beschlüsse des Sicherheitsrates sowie auf eine bessere Koordination künftiger Peacekeeping-Maßnahmen, sind richtig und notwendig. Die möglichst schnelle Umsetzung dieser Vorschläge – nicht nur der kostenneutralen, sondern auch der mit Mehrkosten verbundenen – wäre ein Fortschritt. Doch selbst wenn dies geschehen sollte, das zentrale Problem bliebe weiterhin ungelöst: die mangelnde Bereitschaft der Mitgliedsstaaten, der UNO qualifiziertes und ausgerüstetes Personal für Peacekeeping-Operationen zur Verfügung zu stellen.
Hinsichtlich der Polizisten und anderen Zivilkräfte steckt dahinter vor allem der fehlende Wille der meisten Regierungen, die Rekrutierung, Ausbildung und soziale Absicherung derartigen Personals für UNO-Einsätze zu finanzieren. Doch mit Blick auf die Soldaten spielt dieser Grund kaum eine Rolle. Denn von ihnen gibt es viele Millionen in den nationalen Streikräften der 188 UNO-Staaten. Die übergroße Mehrheit dieser Soldaten sind – zum Glück – nicht mit Krieg beschäftigt. Doch nach wie vor sind Streitkräfte in den meisten Staaten das zentrale Symbol nationaler Souveränität. Das ist der tiefere Grund hinter der mangelnden Bereitschaft der meisten Staaten, der UNO ausreichende militärische Kontingente zur Verfügung zu stellen oder gar Ja zu sagen zur Etablierung einer ständigen UNO-Peacekeeping-Truppe. Die Kommission ist dieser Frage ausgewichen. Deshalb sind ihre Vorschläge zu diesem Kapitel nicht mehr als ein Herumdoktern an Symptomen.
bericht SEITE 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen