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DER US-„PLAN COLOMBIA“ UND DIE SOUVERÄNITÄT LATEINAMERIKASEin Diktat auf Englisch

Der „Plan Colombia“ sei „anti Drogen“ und „pro Frieden“ sagte Clinton anlässlich seines Staatsbesuchs am Mittwoch – und allein, dass er und Kolumbiens Präsident Pastrana das so häufig wiederholen, macht misstrauisch. Es gibt Dementis, die bedeuten das Gegenteil. Tatsächlich geht es beim 1,3-Milliarden-Dollar-Hilfspaket für Kolumbien nur zum kleineren Teil um Drogen. Vielmehr soll die massive US-Unterstützung dem kolumbianischen Militär ermöglichen, die von der Farc-Guerilla kontrollierten Gebiete zurückzuerobern. Mit Drogenbekämpfung hat das wenig zu tun – denn in dieses Geschäft sind nahezu alle gesellschaftlichen Sektoren verwickelt, nicht nur die Guerilla.

Der Plan Colombia ist der Versuch, den verfahrenen Krieg gegen die Guerilla wieder führbar und gewinnbar zu machen. Und es scheint dabei um mehr zu gehen, als die Farc einfach nur an den Verhandlungstisch zu bekommen – die Militärplaner wenigstens träumen von ihrer Zerschlagung. Die USA selbst wollen dabei nicht sichtbar werden, eigene Truppen sollen nicht zum Einsatz kommen – es handelt sich, so Clintons Diskurs, um einen rein innerkolumbianischen Konflikt, die USA helfen lediglich bei der Drogenbekämpfung.

Diese US-Politik gegenüber Kolumbien erinnert an ganz alte Spielchen des Hegemonieerhalts über den lateinamerikanischen Hinterhof. War es früher der Kampf gegen die „kommunistische Gefahr“, mit der die Vereinigen Staaten die Aufrüstung lateinamerikanischer Militärs und Despoten sowie ihr eigenes Eingreifen begründeten, so ist dieses Argument spätestens seit der Panama-Intervention Ende 1989 durch die Drogenbekämpfung abgelöst worden.

Jahrelang haben die USA Kolumbien jedes Jahr aufs Neue im März die so genannte Certification verweigert – jenes Testat, das belegen soll, dass die Regierung ausreichend in der Drogenbekämpfung mitgearbeitet hat. Daraufhin wurden internationale Finanzmittel für Kolumbien blockiert. Jetzt hat die US-Regierung Hand in Hand mit Präsident Pastrana einen neuen Plan durchgesetzt – ein Diktat auf Englisch. Der Effekt ist der gleiche: Die Weltmacht aus dem Norden manifestiert ihren Herrschaftsanspruch.

Nur zögernd haben Kolumbiens Nachbarländer den US-Plänen zugestimmt – zu groß ist die Angst, in den Krieg, der da bevorsteht, mit hineingezogen zu werden. Auf ihrem Gipfel in Brasilia, der gestern begann, werden sich die südamerikanischen Staatschefs bemühen, so viel Souveränität wie möglich zu zeigen. Einen ernsten Konflikt mit den USA aber können sie sich alle nicht leisten. Lateinamerikanische Souveränität hat auch im neuen Jahrtausend ihre Grenzen. BERND PICKERT

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