ex und pop (15): weltgastgedanken von DIETRICH ZUR NEDDEN:
Stellen wir uns vor, dass einige Personen der Wissenschaften, den Neuheiten zugewandt und vor allem den Maschinen, sich dazu verständigen würden, gemeinsame öffentliche Ausstellungen zu veranstalten. Darin könnten gezeigt werden die Laterna magica, Flüge, alle Arten optischer Wunder; Kometen; Globen wie die von Gottorp aus Jena; Feuerwerk; Fontänen; befremdlich gestaltete Schiffe; Mandragoren und andere seltene Pflanzen. Seltene Tiere. Die Königliche Maschine für Wettrennen künstlicher Pferde. Darstellungen von militärischen Operationen. Kleine Seemanöver auf dem Kanal. Sprechende Trompeten. Kronleuchter und nachgemachte Steine. Natürliches Theater und künstliches. Außergewöhnliche Seiltänzer. Salto mortale. Zeigen, wie ein Kind ein großes Gewicht mit einem Faden hebt. Anatomisches Theater. Kräutergärten, danach Laboratorien. Neue Experimente mit Wasser, Luft, Unterdruck, auch die Maschine des Herrn Guericke: 24 Pferde etc. Man zeigt eine Transfusion und eine Infusion. Den Engländer kann man einladen, der das Feuer schluckt, falls er noch lebt.
Abends sollte man den Mond und die Sterne durch ein Teleskop betrachten können. Eine Ausstellung der Muskeln, Nerven, des Skelettes, item die Maschine des menschlichen Körpers. Die Camera obscura. Pferdeballett. Starke Brennspiegel für Feuer. Am Ende könnte man eine Akademie der Gymnastik gründen und Schulen für die Jugend; eine indische Komödie, eine türkische, eine persische. Fliegende und feuerspeiende Drachen, erleuchtet. Wagen mit Segeln aus Holland oder besser noch aus China. Instrumente, die von selbst musizieren. Die Maschine von Hauz: eine Kavallerie und dagegen eine Abteilung Infanterie, die sich bekämpfen. Das Experiment, in dem man ein Glas durch Töne zerspringen lässt. Petter sollte kommen. Die Erfindungen von Herrn Weigel. Die Gleichförmigkeit der Pendelschwingungen sollte gezeigt werden. Handlungen in den Komödien nach italienischer und deutscher Mode. Den Vorhang zu schließen wäre keine schlechte Idee während der Pause. Man könnte dann irgendetwas im Dämmerlicht zeigen. Man könnte eine Präsentation von berühmten Persönlichkeiten geben. Und am Ende noch von allen möglichen Dingen.
Der Nutzen dieser Unternehmung wäre viel größer, als man sich das vorstellen kann. Man würde dem Volk die Augen öffnen, es für die Erfindungen begeistern, ihm schöne Ausblicke gewähren. Die Ausstellung würde ein allgemeines Vermittlungsbüro für Erfindungen sein. Alle Neugierigen würden kommen. Alle Angehörigen der Gesellschaft würen diese Kuriositäten sehen wollen, um darüber reden zu können. Selbst die großen Damen würden dorthin ausgeführt werden wollen, und dies mehr als einmal. Am Ende wäre die ganze Welt alarmiert und aufgeweckt, und das Unternehmen hätte die schönsten und wichtigsten Fortsetzungen, die man sich nur vorstellen könnte und die eines Tages vielleicht von der Nachwelt bewundert würden.
Gottfried Wilhelm Leibniz, „Ein seltsamer Gedanke zu einer neuen Art von Ausstellungen“ (1675), stark gekürzt.
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