: Machtgesten statt Brückenschlag
Beim roten Bock: SPD-Parteichef Peter Strieder diskutierte in der Volksbühne mit der designierten PDS-Vorsitzenden Gabi Zimmer über das Verhältnis von SPD und PDS. Strieder nutzte die Gelegenheit, um die Fronten zu zementieren
von DOROTHEE WINDEN
Am Anfang stand der historische Händedruck. Der Berliner SPD-Parteichef Peter Strieder und die designierte PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer reichten sich die Hand. Es war eine Persiflage und ein Spiel mit den Erwartungen, zu der sie Moderator Dieter Dehm eigens aufgefordert hatte. Doch auf den spielerischen Auftakt der Talkrunde mit dem Titel „Zum roten Bock“ folgte ein Schlagabtausch, der von wenig Offenheit auf SPD-Seite zeugte.
An Andrea Nahles, der frisch gekürten Sprecherin der SPD-Linken lag es nicht. Und an der Liedermacherin Barbara Thalheim, der Vierten im Bunde, schon gar nicht. Es war SPD-Chef Peter Strieder, der nicht den Brückenschlag versuchte, sondern mit Machtgesten eher zur Zementierung der Fronten beitrug.
An die PDS stellte Strieder vor allem Forderungen: „Die PDS muss dafür sorgen, dass wir gemeinsam politikfähig werden.“ Es gehe dabei nicht um Kniefälle, sondern um eine Auseinandersetzung. Das müsse „den Parteien der Arbeiterbewegung doch gelingen“. Dieser Satz markierte bereits den Höhepunkt der Striederschen Freundlichkeiten.
Es folgten: Vorhaltungen, dass die PDS ihre Geschichte mit der SPD aufarbeiten müsse, Vorhaltungen, dass die PDS realitätsnäher werden müsse, Seitenhiebe, dass die PDS in Haushaltsdebatten immer noch nicht zwischen Haushalt und Fünfjahresplan unterscheiden könne. Ihre Vorstellungen, was heute noch Aufgabe des Staates sei, müsse sie auch revidieren. „Zu der Debatte lade ich dann mal ein“, sagte Strieder, und es hätte ein freundliches Angebot sein können, wäre da nicht dieser großkotzige Unterton gewesen.
Als das Publikum im Grünen Salon der Volksbühne Gabi Zimmer mit Beifall bedachte, als sie die Notwendigkeit ehrlicher Debatten in der PDS unterstrich, sagte Strieder: „Ich finde, Sie hätten applaudieren sollen, als ich eben die notwendigen Prozesse in der PDS eingefordert habe.“ Das war wohl als scherzhafte Bemerkung gemeint war, wirkte aber ausgesprochen arrogant.
Zu einem Versuch, inhaltliche Gemeinsamkeiten auszuloten, kam es erst gar nicht. Deutlich wurden vor allem Differenzen: „Es lohnt sich in dieser Gesellschaft, über Sozialismus zu diskutieren“, sagte Gabi Zimmer. „Da tragen wir eine Verantwortung. Da tragt ihr eine Verantwortung.“ Und noch ein Satz, der nicht einmal mehr zum Juso-Sprachschatz gehört: „Wie bereit sind wir, über radikale Veränderungen zu diskutieren?“
Zimmer forderte, die Zeit bis 2002 zu nutzen, um die Voraussetzungen „für andere Mehrheiten“ zu schaffen. Es gehe darum, eine Klima zu schaffen, in dem ein Politikwechsel möglich sei. Die Frage, wie sich der Antikapitalismus der PDS mit einem Bundeskanzler Gerhard Schröder verträgt, blieb leider ausgespart.
An die Adresse der eigenen Partei sagte Zimmer: „Die PDS muss kooperationsfähig werden.“ Aber auch die SPD müsse mal einen Schnitt machen. „Die Vergangenheit soll nicht vergessen werden, aber wir müssen über das Hier, Heute und Morgen reden“, so Zimmer. „Die Zeit ist reif dazu, dass beide Parteien mehr miteinander anzufangen wissen, als sich gegenseitig Vorwürfe zu machen.“
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