piwik no script img

TSCHECHIEN RÜSTET SICH FÜR DEMONSTRATIONEN GEGEN IWF-TAGUNGDruck und Gegendruck

Die angekündigten Demonstrationen bringen die tschechische Regierung in eine Zwickmühle, allerdings in eine, an der sie selbst schuld ist. Gelingt es den Demonstranten, in den nächsten Tagen wie angekündigt Sitzungen des Treffens von IWF und Weltbank zu blockieren – oder gar einen der edlen Empfänge –, dann wird es heißen, das Land sei nicht gut vorbereitet gewesen. Immerhin weiß man ja seit Seattle, was passieren kann. Es wäre eine Blamage für Tschechien. Im Fall einer Blockade, so drohte die HypoVereinsbank vorgestern zudem, könnten Investoren verunsichert werden.Allerdings ist an dieser dummen Drohung wenig dran – oder haben die USA seit Seattle unter wirtschaftlichen Einbußen gelitten?

Gibt es aber Auseinandersetzungen mit der als brutal bekannten tschechischen Polizei – womit hier alle rechnen –, dann steht Tschechien als prügelnder Gastgeber da. Auch kein schönes Bild, besonders nicht für Investoren.

Bewahrheitet sich jedoch, was seit gestern in Umlauf ist, nämlich dass die Polizei jede Demonstration verhindern will, indem die Busse schon an der Grenze gestoppt werden, wird es heißen: Sieh an, sie verhalten sich immer noch totalitär.

Am schönsten wäre es also für Tschechien, wenn es machtvolle, aber durchgehend friedliche Proteste gäbe, die zeigen, dass das Land Polizeiapparat und Demonstranten im Griff hat. Wer aber wie die Prager Medien und die Weltbank die Stimmung aufheizt, kann damit kaum rechnen. So soll die Presse rote Westen tragen, um nicht vertrimmt zu werden; die Tagungsteilnehmer sollen ihre Namensschilder und Ausweise nicht offen tragen, damit sie nicht verprügelt werden; die Bevölkerung soll Demonstranten aus dem Weg gehen. Und seit neuestem heißt es, die Hunde, die manche Aktivisten mitbringen, könnten tollwütig sein.

So schafft man wirklich keine Atmosphäre für friedliche Proteste. Die Regierung in Prag steht vor der Herausforderung, souverän Demonstrationen zu ermöglichen – und damit zu beweisen, dass all die Anweisungen unbegründete und überhöhte Vorsichtsmaßnahmen waren. MAIKE RADEMAKER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen