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Koch spaltet Widerstand nicht

Für den Flughafenausbau muss mehr Wald gerodet werden, als der Regierungschef Hessens bislang zugab. Stadt Mainz fordert bundesweite Prüfung von Alternativen

FRANKFURT taz ■ In Rüsselsheim sind es Transparente und Stellwände: „Keine neue Landebahn – für ein Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr“. Im Nachbarort Flörsheim ein wütender Stier. Der schnaubt den Besuchern auf großen roten Plakaten entgegen: „Es reicht. Stoppt den Flughafenausbau.“

Die Ablehnungsfront aus Bürgerinitiativen und Kommunen steht: von Offenbach und Frankfurt (Süd) bis Mainz in Rheinland-Pfalz, vom südlichen Taunus bis zum Odenwald. Hessens Ministerpräsident, der zugleich auch Aufsichtsratsvorsitzender der Frankfurter Flughafen AG (FAG) ist, hatte dem Bau der Landebahn Nord nur zugestimmt, wenn es gleichzeitig ein garantiertes Nachtflugverbot gebe. Rüsselsheim und Flörsheim zeigen: Derlei Pläne haben den Widerstand gegen alle Ausbauvarianten des Rhein-Main-Flughafens nicht gespalten.

Im Gegenteil. Die Bürgerinitiativen registrieren Zulauf. Überall bildeten sich Klagegemeinschaften. Koch sei ohnehin ein „Lügner“, heißt es. Und das nicht nur im Zusammenhang mit der Spendenaffäre. Koch hatte verschwiegen, dass für den Bau der Landebahn Nord weit mehr Wald gefällt werden muss, als von den Mediatoren, denen die FAG offenbar falsches Zahlenmaterial vorgelegt hatte, im Abschlussbericht festgeschrieben wurde: nämlich 361 statt 244 Hektar. Koch wusste davon – doch noch auf einer Pressekonferenz am 19. August pries er die Ausbauvariante Nord als die ökologischste. Mit keinem Wort erwähnte er den zusätzlichen Flächenbedarf von 117 Hektar.

An die Realisierung des Nachtflugverbots von 23 bis 5 Uhr glaubt selbst Dieter Posch (FDP), Wirtschaftsminister in Kochs Kabinett, nicht. Man müsse zunächst eruieren, ob ein Nachtflugverbot einer juristischen Prüfung überhaupt standhalte.

Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) hat sich am Montag vehement gegen ein Nachtflugverbot in Frankfurt ausgesprochen. Das Direktorium der ADV erklärte in Stuttgart, mit Besorgnis sei der Beschluss des Aufsichtsrates der Flughafen Frankfurt/Main AG zur Kenntnis genommen worden, ein Nachtflugverbot als Grundlage für den weiteren Flughafenausbau einzuführen. Dieser Beschluss konterkariere nicht nur den Stellenwert des bedeutendsten deutschen Flughafens, sondern lasse eine gravierende Beschneidung des Luftverkehrsstandortes Deutschland insgesamt befürchten. Die Auffassung, der Nachtflugbetrieb könnte gegebenenfalls an andere deutsche Flughäfen verlagert werden, sei bedarfsfremd, gleiche einer Sankt-Florians-Politik.

Um ihre „Konkurrenzfähigkeit“ fürchten auch FAG und Lufthansa, obwohl der FAG-Aufsichtsrat beim Nachtflugverbot inzwischen auf Koch-Linie ist. Doch die FAG geht demnächst an die Börse. Fresh Money wird gebraucht, nicht nur für den Bau der neuen Landebahn. Auf dem Gelände der ehemaligen US-Airbase soll das Terminal III entstehen. Ob sich aber eine privatisierte FAG, bei der dann nicht mehr nur der Bund, Hessen und die Stadt Frankfurt den Ton angeben, an Aufsichtsratsbeschlüsse aus vergangenen Zeiten halten, steht in den Sternen.

Unterstützung erhielten die Ausbaugegner inzwischen – unerwartet – aus Rheinland-Pfalz. Hessens Nachbar, dessen Hauptstadt Mainz bei der Realisierung der Variante Nord zum Überfluggebiet würde, verlangt in einer Stellungnahme zum Raumordnungsverfahren die bundesweite Prüfung von Alternativstandorten. Und bei der anstehenden Prüfung der Umweltverträglichkeit der Ausbaupläne müsse „ergebnisneutral“ vorgegangen werden: auch mit der Option, dass der Flughafen möglicherweise schon heute die Grenzen seines Wachstums erreicht habe.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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